Tee am Bett zum Tag der Deutschen Einheit |
Ich habe mich dann lieber erst mal verkrümelt. Das war nicht der gelungene Start in den Tag und von Einheit war nicht mehr die Rede. Als ich vorsichtig fragte, ob man denn vielleicht für den Nachmittag ein paar leckere Muffins backen könnte, hörte ich nur: „Nee, das ist heute nicht drin. Ich muss arbeiten“. Also war auch der PC für mich blockiert. Da hätte ich nun allen Grund gehabt, merde alors zu sagen.
Aber irgendwie musste die Stimmung doch noch zu retten sein.
Ich bin ja nicht blöd und habe mir Caras Handy geschnappt und ihren Freudinnen
eine SMS geschickt: „SOS – Cara schlechte Laune. Kommt um 20 Uhr, bringt aber was
zu essen mit. Gruß Zottel.“ Punkt 20 Uhr standen alle vor der Tür. Biggie und Doro
hatten eine riesige Portion Sushi mitgebracht, denn sie lieben diese kleinen
Reisröllchen mit Fisch und das scharfe Zeugs dazu. Lisa kam mit einem Topf Kürbissuppe mit Ingwer und Kokosmilch. Außerdem schenkte
sie mir ein großes Glas Johannisbeermarmelade, weil ich ihr doch immer bei der
Ernte in ihrem Garten helfe. Maria hatte eine Schachtel selbstgemachter Cantuccini dabei. Ich
kann es nicht anders sagen, die Überraschung war gelungen und Cara strahlte zum
ersten Mal an diesem Tag.
Als mein Bruder Heinrich das Aufgebot an Leckereien sah,
guckte er verdutzt und meinte: „Da ist ja gar nichts aus Deutschland dabei, und
das zum Tag der Deutschen Einheit!“ Er
hatte natürlich Recht, aber Cara hat die Situation gerettet. Sie fischte aus
ihrem Weinregal einen Schwarzriesling und einen Weißburgunder. Voller Stolz
sagte sie: „Kennt ihr sicher noch nicht, aus Deutschlands nördlichstem Anbaugebiet.“ Biggie guckte sich das Etikett
an, verzog den Mund, als habe sie in eine Zitrone gebissen, und sagte: „Ei verbibbsch, sächsischer Wein“
und hatte damit die Lacher auf ihrer Seite. Nur Cara machte ein ernstes Gesicht
und meinte ganz trocken: „Erst probieren, dann meckern!“ Unter uns, der Wein
schmeckte allen und es blieb nicht bei den beiden Flaschen. Es wurde ein langer,
noch recht lustiger Abend. Dennoch war es gestern kein durchweg harmonischer Tag. An der
Einheit – auch im Freundeskreis – muss
wohl noch gearbeitet werden.