Freitag, 4. Oktober 2013

Zottel und der Tag der Deutschen Einheit


Gestern wollte ich die deutsche Einheit feiern und hatte mich auf diesen Tag gefreut wie Bolle. So zur Einstimmung habe ich morgens Cara einen Becher Tee ans Bett gebracht, schön geschmückt mit einer schwarz–rot–goldenen Girlande. Als sie noch völlig verpennt nach dem Becher griff, hatte sie wohl nicht den Henkel erwischt, sondern sich in dem nationalen Bändchen verheddert und der Tee landete auf ihrem hellen Teppichboden. „Oh, merde alors!!!“, rief sie aus und war schlagartig wach. 
Tee am Bett zum Tag der Deutschen Einheit

Ich habe mich dann lieber erst mal verkrümelt. Das war nicht der gelungene Start in den Tag und von Einheit war nicht mehr die Rede. Als ich vorsichtig fragte, ob man denn vielleicht für den Nachmittag ein paar leckere Muffins backen könnte, hörte ich nur: „Nee, das ist heute nicht drin. Ich muss arbeiten“. Also war auch der PC für mich blockiert. Da hätte ich nun allen Grund gehabt, merde alors zu sagen.

Aber irgendwie musste die Stimmung doch noch zu retten sein. Ich bin ja nicht blöd und habe mir Caras Handy geschnappt und ihren Freudinnen eine SMS geschickt: „SOS – Cara schlechte Laune. Kommt um 20 Uhr, bringt aber was zu essen mit. Gruß Zottel.“ Punkt 20 Uhr standen alle vor der Tür. Biggie und Doro hatten eine riesige Portion Sushi mitgebracht, denn sie lieben diese kleinen Reisröllchen mit Fisch und das scharfe Zeugs dazu. Lisa kam mit einem Topf Kürbissuppe mit Ingwer und Kokosmilch. Außerdem schenkte sie mir ein großes Glas Johannisbeermarmelade, weil ich ihr doch immer bei der Ernte in ihrem Garten helfe. Maria hatte eine Schachtel selbstgemachter Cantuccini dabei. Ich kann es nicht anders sagen, die Überraschung war gelungen und Cara strahlte zum ersten Mal an diesem Tag.

Als mein Bruder Heinrich das Aufgebot an Leckereien sah, guckte er verdutzt und meinte: „Da ist ja gar nichts aus Deutschland dabei, und das zum Tag der Deutschen Einheit!“ Er hatte natürlich Recht, aber Cara hat die Situation gerettet. Sie fischte aus ihrem Weinregal einen Schwarzriesling und einen Weißburgunder. Voller Stolz sagte sie: „Kennt ihr sicher noch nicht, aus Deutschlands nördlichstem Anbaugebiet.“ Biggie guckte sich das Etikett an, verzog den Mund, als habe sie in eine Zitrone gebissen, und sagte: „Ei verbibbsch, sächsischer Wein“ und hatte damit die Lacher auf ihrer Seite. Nur Cara machte ein ernstes Gesicht und meinte ganz trocken: „Erst probieren, dann meckern!“ Unter uns, der Wein schmeckte allen und es blieb nicht bei den beiden Flaschen. Es wurde ein langer, noch recht lustiger Abend. Dennoch war es  gestern kein durchweg harmonischer Tag. An der Einheit – auch im Freundeskreis –  muss wohl noch gearbeitet werden.