Dienstag, 27. Dezember 2016

Zottels Jahresrückblick 2016


Über das alte Jahr
Sage niemand, ich sei früh oder gar viel zu früh dran. Wieder geht ein Jahr zu Ende, endlich. Ich würde lügen, wenn ich schriebe, ich sei traurig darüber. Ja, ich gebe zu, ich hatte mehr von 2016 erwartet, und das nicht nur, weil es einen Tag mehr vorzuweisen hatte. Inzwischen würde ich mir wünschen, es hätte weniger Tage gehabt, denn weniger Tage hieße weniger Meldungen über den Tod von  Menschen, die uns mit ihren Liedern beschenkten, uns durch ihr Schauspiel begeisterten, die uns aufmunterten oder aufrütteln wollten durch ihre Reden oder ihre Bücher, damit die Menschen zur Vernunft kommen, und schließlich die, die dieses Land mitregierten oder ihm als Staatsoberhaupt vorstanden. 

Über all den Hass und das Töten aus welch irrsinnigen Motiven auch immer will ich gar nicht schreiben, sonst verliere ich die Lust daran und frage mich, welchen Sinn das alles noch hat. Mein Bruder Heinrich sagt, man müsse aber immer weitermachen, dürfe sich nicht beirren, aber auch nicht übers Ohr hauen lassen. Schauen, wo der Freund sitzt und wo der Feind lauert. Wir Tiere haben da einen feinen Instinkt, den die Menschen im Laufe der Jahrhunderte verloren haben. Sie rennen falschen Zielen hinterher, vor allem Reichtum, Macht, Ansehen, und damit auch den falschen Freunden, die eben nur scheinbar Freunde sind. 

Auch Cara hat Verluste erlitten. Nein, sie hat nicht ihr Portemonnaie verloren oder sich gar an der Börse verspekuliert. Sie hat zwei Freundinnen verloren. Und das wiegt schwer. Die eine vermisst Cara sehr, aber die schweigt, und über die andere schweige ich. Glücklicherweise sind alle anderen und auch die lieben Nachbarn noch da, vor allem aber die schöne Maria gibt es noch, die mein Herz zum Schwingen bringt. Maria zu verlieren wäre für mich ein herber Schlag gewesen, denn ich mag sie immer noch sehr, sehr gern wie auch ihre Familie in Ligurien

Nun soll man aber nicht nur immer auf das Negative schauen. Ich jedenfalls habe versucht, mich mit meinem Bruder zu vertragen. Und das war auch in diesem Jahr nicht immer einfach, das kann ich meinen Lesern versichern. Ich habe mehr Achtung vor Gustav bekommen, den ich anfänglich doch für recht oberflächlich und großspurig hielt. Ich denke manchmal noch an Ludwig, der immer noch einsam in einem Geschäft hockt und der so gern mit jemandem kuscheln, ihn aufmuntern und trösten möchte und der doch keine Gesellschaft findet.

Vor allem aber bin ich gerade in dieser Zeit auf der Hut, habe mich Caras Ritualen zugewandt und achte ein bisschen auf meine Träume, jetzt in den Raunächten. Cara hatte zum Beispiel einen intensiven Traum vom 24. auf den 25. Dezember und nun  rätselt sie, was das wohl bedeuten mag. Normalerweise halte ich ja nichts von Tarot, Orakel oder so. Doch neulich habe ich – weil ich mal wieder traurig war und nicht schlafen konnte, da in diesem Jahr so viele Haustiere von Caras Facebook-Freunden gestorben sind – einen Thriller mit dem Titel Die 12. Nacht gelesen. Danach konnte ich zwar immer noch nicht schlafen (war ja klar, denn es war ein Thriller), aber ich wusste nun einiges über die Raunächte. 

Also gebt auf eure Träume Acht bis zum 6. Januar, aber auch und vor allem über Silvester. Lasst die Sektkorken knallen, aber kein Feuerwerkszeug, denn davor fürchten wir Tiere uns. Beginnt also das neue Jahr rücksichtsvoll. Das ist schon ein erster guter Schritt. Bleibt zuversichtlich, verliert nicht den Mut! Es wird schon alles gut, na ja, oder zumindest besser. 

Das sagt euch euer Zottel und wünscht allen ein schönes 2017 
bei guter Gesundheit!!!    

Dienstag, 29. November 2016

Adventskalender und Geschenkefinder


Wir haben einen Adventskalender geschenkt bekommen. Im ersten Augenblick habe ich mich sehr gefreut. Wäre ja auch blöd, wenn nicht. Doch dann sah ich genauer hin. Ein Teddy – mit einiger Fantasie hätte ich es sein können – blickt durch ein Fenster auf das verschneite Freiburger Münster. 
Unser Adventskalender - natürlich mit einem Bären
Nein, es hat mich nicht das Fernweh gepackt, sondern die Frage: Was hat er, was ich nicht habe? Warum gibt es keinen Kalender, wo ich aus dem Fenster auf den verschneiten Hamburger Michel gucke? Ich schaue höchstens in den Innenhof. Und das ist nicht dasselbe. Wie jeder erkennen kann.
Ich schaue in den Innenhof. Kein Vergleich zu oben.

Im Moment schneit es hier zwar nicht, aber Anfang November wäre die Gelegenheit für solch ein Foto gewesen. Doch mich fotografiert ja niemand. Cara fehlt es an Talent und ihre Freundin, die so was kann und einen Kalender nach dem anderen zaubert, fotografiert Landschaften, immer nur Landschaften, aber keine Teddys. Dabei will ich ja gar nicht auf einen Jahreskalender, sondern  auf einen Adventskalender. Nur einmal im Jahr für schlappe 24 Tage die Hauptperson sein. Ein bäriger Traum.

Mein Bruder hatte mit dem Adventskalender ein ganz anderes Problem. Er wollte sofort die Türchen öffnen, um zu sehen, welche Schokolade sich dahinter verbirgt. Es war ihm am Sonntag sehr schwer beizubringen, dass man nicht am 1. Advent das erste Türchen öffnen darf, sondern erst am 1. Dezember. Ich erspare meinen Lesern die langen Erklärungen, die es bedurfte, bis er das kapiert hatte. Danach hat er sich vom Kalender abgewandt und sich wieder in seine Kochlektüre vertieft.

Cara hatte sich wiederum um ganz anderes den Kopf zermartert. Sie hatte eine lange Liste aufgestellt mit den Namen ihrer Freundinnen – damit bloß keine vergessen wird. Und doch wusste sie nicht, was sie ihnen zu Weihnachten schenken soll. Ihr wollte partout nichts einfallen. Konzentriertes Nachdenken war angesagt und Plätzchen wurden nicht gebacken, wie wir es erwartet hatten. 

Insgesamt kann man sagen, dass die Stimmung hier nicht auf dem Höhepunkt war. Nur Gustav, der Unternehmer-Bär, der sich vor einiger Zeit bei uns erholen musste und danach beschloss, seine Geschäfte von hier aus zu regeln, hatte extrem gute Laune. Das liegt vor allem daran, dass es bei ihm in diesem Jahr wieder so richtig  in der Kasse geklingelt hat. Gute Zeiten – gute Laune, sage ich nur. Und dann ist auch der Kopf wieder frei, um an Charity zu denken. Um ehrlich zu sein, hätte ich das Gustav gar nicht zugetraut, doch auch ich irre mich mal. Das Leben hier bei uns hat wohl einen guten Einfluss auf ihn gehabt. Jedenfalls will er sich nun großzügig zeigen, zumindest Heinrich gegenüber. Er hatte erfahren, dass es ein Kochbuch von Refugees gibt, die darin Rezepte aus ihrem Heimatland niedergeschrieben haben. Das ideale Geschenk für meinen Bruder.

Als ich Cara davon erzählte, schaute sie erst mich, dann Gustav an, nahm uns in den Arm, drückte uns, bis wir keine Luft mehr bekamen, und rief freudig aus: „Ach, ihr seid zwei süße Engelchen!“ Vor Verblüffung wusste ich gar nicht, wie mir geschah, denn Engelchen hatte sie mich noch nie genannt. Und auch all ihre Dackelfalten waren im Nu verschwunden, als hätte Dr. Botox gerade kleine Wunder an ihr vollbracht. Schnell griff sie zum Kugelschreiber und setzte hinter jeden Namen auf ihrer Geschenkeliste: Kochbuch der Geflüchteten. „Fertig! Zeit für anderes!“, rief sie begeistert aus.    

Was das Andere sein könnte, weiß ich schon. Ich finde, nun kann sie mich fotografieren lassen, sodass ich zumindest im nächsten Jahr auf einem Adventskalender zu sehen bin.

Freitag, 4. November 2016

Vorbereitungen für Martins Geburtstag


Wer ist Martin und wann hat er Geburtstag?
Mein Bruder Heinrich sagt zu mir oder er spricht es ganz allgemein in den Raum: „Martin hat bald Geburtstag.“ Ja, das haben wir alle, ein Mal im Jahr. Außerdem weiß ich gar nicht, wer Martin ist. 

Doch dann fällt es mir wieder ein. Cara kennt einen Martin. Er ist der Ehemann einer ihrer Freundinnen. Vielleicht hat der bald Geburtstag? Doch muss ich mir jetzt ein Geschenk ausdenken? Da verlasse ich mich auf meinen Bruder, der wird das schon machen, indem er ihm einen Kuchen backt, so rein theoretisch, indem er seine Kochbücher wälzt und ein Rezept aussucht. Backen muss den Kuchen dann Cara, sofern sie es gebacken kriegt. Das hängt nämlich vom Schwierigkeitsgrad ab. Wenn da Sahne oder Creme mit ihm Spiel ist und es eine Torte werden soll, dann sehe ich schwarz oder genauer, ich sehe ein Unglück nahen. Doch bei Martin haben wir Glück im Unglück. Er hat eine Laktoseintoleranz. Das bedeutet, dass sein Darm keine Sahne mag. Ich verzichte jetzt darauf zu erklären, wie sich diese Intoleranz äußert. Nicht schön.  

Ich bin aber sehr für fair Play und stecke meinem Bruder, dass Martin diese Unverträglichkeit hat. Seine Antwort: „Ach, dass du so was weißt?“ Ja, ich höre wohl nicht richtig! Ich höre doch zu und kann mir auch Dinge merken. Für wen hält er mich eigentlich, dieser fanatische Kochbuchblätterer!?

Meine Stimmung macht eine kleine Talfahrt und ich widme mich weiter dem Schreiben meiner Memoiren. Das erdet mich normalerweise. Heute ist es mit der Konzentration allerdings nicht so weit her. Und ich muss immer an den Geburtstag von Martin denken.  Also frage ich meinen Bruder. „Wann ist denn nun Martins Geburtstag?“ - „ Auf den Tag genau heute in einer Woche“, antwortet Heinrich, während er schon wieder vor dem Bücherregal steht und nach weiteren Backbüchern sucht. 
Heinrich und seine Kochbücher
Ich schreibe es nicht gern, aber bei ihm ist suchen stark an Sucht gekoppelt. Er sollte vielleicht eine Selbsthilfegruppe gründen, Die Anonymen Rezeptbuch-Leser. Ich weiß, wer im Glashaus sitzt, sollte sich bedeckt halten, oder wie immer auch das Sprichwort heißt. Bei mir gibt es kleine Suchttendenzen im Hinblick auf Honig und Schokolade. Ich bin aber sehr stolz, dass ich das selbst erkannt habe und auch hier freimütig und ohne Scham äußern kann.  

Doch wir waren ja bei Martin und dem bevorstehenden Geburtstag. Cara macht schon wieder Dackelfalten, was auf eine leicht angespannte Stimmungslage hindeutet. Sie hat nämlich für den nächsten Freitag ein paar Freunde eingeladen. Nun sollte man meinen, dass dieser Martin an der Reihe wäre, eine Einladung auszusprechen, aber es scheint mir, als solle die Feier hier steigen.  Cara steht vor ihrem Backofen und sagt: „Das klappt nie. Die  kriege ich da nie hinein, vor allem nicht zwei von dem Kaliber, und bei 10 Leuten müssen es zwei sein.“ Na, ich verstehe nur noch Bahnhof und gucke wohl auch so. Aber ich stehe ja gern mit Rat zur Seite und schlage darum vor: „Dann hol doch zwei Torten vom Bäcker. Du musst doch nicht alles alleine wuppen.“ - „Wie, vom Bäcker?“, fragt sie verdutzt. „Zum Martinstag gibt es Gans, wie die Tradition es will, und erst recht, weil er in diesem Jahr seinen 1.700 Geburtstag feiert.“ 

Jetzt bin ich baff. Ich habe schon von Menschen gehört, die über 100 wurden, aber 1.700 Jahre! Und um ehrlich zu sein, ich habe Martin noch vor kurzem gesehen. Für dieses Alter hat er sich verdammt gut gehalten. Da kann man ihm am Freitag gleich doppelt gratulieren.   

Donnerstag, 6. Oktober 2016

Herzig und herzhaft – auf jeden Fall herzlich


Ich hab ein Herz für alle Feste
Vor ein paar Wochen waren wieder viele auf der Wiesn, zumindest tat man auch in Norddeutschland so. Alle gingen zu irgendeinem Oktoberfest, fast alle. Cara hat sich wie jedes Jahr geweigert. Sie mag kein Bier. Von Schweinshaxn hält sie auch nichts und Würste sind ihr wurscht. Sie will sich auch nicht in ein Dirndl zwängen, ist eben eine echte Norddeutsche. Sagt jemand: „Oh wie schön, Oktoberfest!“  ist das einzige, was sie braucht, ein Kropfband, solch einen dicken Hals bekommt sie dann, vor allem, wenn sie an die Blasmusik und das Schunkeln denkt. Ihre Freundinnen sind da viel gelassener. Hauptsache feiern. Und so finden sie, dass Cara eine Spaßbremse ist, was sie ihr dann auch noch singend zeigen: “Herzilein, du musst nicht traurig sein, ich weiß, du bist nicht gern allein und schuld ist doch nur der Wein.“ Ja, ihre Freundinnen wissen, Cara trinkt nur Wein, und das sehr gern. Hilft nichts, zum Oktoberfest muss sie ihn allein trinken.   

Da nun das Alleinsein nicht immer Spaß macht, wollte mein Bruder sie überreden, wenigstens mit uns a paar Brez‘n zu essen, die könne man schließlich auch zum Wein genießen. Und anstelle des Obazda hatte Heinrich leckeren französischen Käse empfohlen. Man kann es nicht anders sagen, mein Bruder hat sich redlich bemüht. Und in den vergangenen Jahren hatte das auch funktioniert. Doch heuer, nichts zu machen. Ihr Sinn stand nach was anderem.

Lächelnd schaute sie uns an und machte es richtig spannend. Dann kramte sie aus ihrer großen Vorratsschublade das hervor, von dem sie uns hatte weismachen wollen, das gäbe es in diesem Jahr erst nach Halloween. Nein, sie hatte es natürlich schon Ende September gekauft und sagte: „Überraschung! Und ich teile herzlich gern mit euch!“ Nun sind wir der Zeit weit voraus und lassen uns die ersten Lebkuchen- und Marzipanherzen schmecken.
Oktoberfest der besonderen Art
Dazu singt Cara: „Herzilein, du musst nicht traurig sein, nur weil die Wies’n ist schon vorbei“, und dabei grinst sie hämisch.  

Bevor es noch schlimmer wird und da mein Bruder schon die Augen verdreht, werde ich jetzt ganz schnell für andere Musik sorgen. Und ich wette, bald wird kein Herzilein mehr übrig sein.