Wer glaubt, ich sitze noch immer
in der Ecke und chille, ist auf dem Holzweg. Zugegeben, nach der Erholungsphase
bin ich erst einmal erneut in den Winterschlaf gefallen, den zweiten, weil die Temperaturen
mir anzeigten, dass es Zeit zum Energietanken sei. Mein Bruder hat das nicht
verstanden, nur den Kopf geschüttelt und gefragt, ob ich das Dornröschensyndrom
hätte.
Das fand ich frech und habe es
einfach ignoriert. Doch dann ließ Gustav seine sonore Stimme erschallen. Es ist schwer, bei seinen
donnernden Worten wieder einzunicken und so habe ich mir Wort für Wort gemerkt,
was er von sich gab, wobei mir sieben Worte besonders im Gedächtnis blieben:
Zottel, nur Herumsitzen ist
der falsche Weg. Du solltest mit Achtsamkeit den Stellenwert deiner Tätigkeit
ausloten und dich nicht lapidar irgendeinem Tun – und schon gar nicht dem
Faulenzen – verschreiben. Die Wertschätzung,
die du selbst deiner Arbeit entgegenbringst, ist entscheidend und wirkt sich auch
signifikant auf die Akzeptanz deiner Klientel
– in deinem Fall der deiner Leserschaft – aus. Sei aber auf der Hut, denn dein
Schreiben hängt maßgeblich von deinem Duktus ab. Denke an unsere Kanzlerin, die
ihr Missfallen auf exakt diese Weise auch schon zum Ausdruck brachte und sagte:
„Das ist nicht mein Duktus“.
Der alte Rhetoriker Gustav, der
mit diesem Wortschwall beeindrucken wollte, hatte es doch tatsächlich
geschafft, dass ich mit einem Mal hellwach war. Und wie auf Kommando kamen auch
ein paar Sonnenstrahlen ins Zimmer. Mein Blick fiel durch die Glastür auf den
Balkontisch. Huch, was hatte sich denn da getan, während ich schlief? Da hatte
doch jemand Ranunkeln gepflanzt. Glücklicherweise keine Stiefmütterchen, denn die mag ich nicht, wie meine langjährigen Leser sich erinnern. Bellis wären schöner
gewesen, wie ich finde und ihr Name verrät, aber ich hatte ja mein
Mitspracherecht verschlafen. So hatte Cara eigenmächtig den Frühling in Szene
gesetzt. Ich lobe sie ja nicht oft, aber was ich sah, gefiel mir. Nun wollte
ich auch wieder aktiv werden, holte sofort ihren ollen Fotoapparat hervor und machte
ein paar Bildchen.
Bei Zottel hat es zoom gemacht |
Blutrot und fast so zottelig wie mein Fell
|
Sage jetzt niemand, die Fotos seien nicht gut geworden!
Fotografieren ist mein neuestes Hobby und aller Anfang ist schwer. Schließlich ist ja auch das Schreiben meine Passion. Man soll nicht lapidar irgendetwas machen, hat Gustav gesagt. Na ja,
so ähnlich jedenfalls hat er sich ausgedrückt.
Und dann fiel mir beim Surfern im
Internet eine Seite auf. Pflanzenfotos wurden gesucht und die sollte man an ein Krankenhaus
in Leipzig schicken, damit die Kinder,
die die Station nicht verlassen dürfen, ein bisschen Natur in ihr Zimmer
gebracht bekommen. Keine Frage, eine supertolle Idee. Ich erinnerte mich noch an
meine blöde Erkältung zu Pfingsten vor einigen Jahren. Da durfte ich auch nicht
raus. Das war ganz schrecklich.
Mein Entschluss steht fest, auch
wenn meine Bilder nicht die eines Profis sind, ich schicke sie den Kindern
doch. Und vielleicht gibt es ja in meiner Klientel meinem Leserkreis jemanden,
der das auch tun möchte und viel, viel besser kann als ich.