Mittwoch, 25. Februar 2015

Das Leben ist kein Honigschlecken


Cara war krank. Halsschmerzen und einen bösen Husten hatte sie. Jede Nacht schreckte ich hoch und glaubte, ein Hund sei im Nebenzimmer. Wenn man da so aus dem Schlaf gerissen wird, denkt man an das Schlimmste. Werwölfe, schoss es mir durch den Kopf, und das Gruseln begann. Doch dann wurde mir schlagartig klar, dass es ja nur Cara war, die solche absonderlichen Geräusche fabrizierte. Mein Bruder, der nachts ebenfalls keine Ruhe fand, hat ihr natürlich eine leckere Hühnersuppe gekocht. Das hilft immer, denkt man. In ihrem Fall aber nicht. Letztlich ist sie dann doch zu ihrer Ärztin gegangen, um sich Rat zu holen. Ich hatte erwartet, dass sie bei ihrer Rückkehr eine große Tasche voller Medikamente mitbringt. Doch die Ärztin hatte ihr nur den Rat gegeben: „Essen Sie viel Honig, aber den guten, nicht den Industriehonig.“ Also hat sie sofort alle Vorräte an Honig hervorgekramt und die guten für sich reserviert. Wir machten Neese, eine lange.

Doch damit nicht genug. Es sollte noch schlimmer kommen in der letzten Woche. Auch wenn uns der Honig entzogen wurde, hat es meinen Bruder nicht daran gehindert, weiterhin Koch-Shows zu gucken. So auch am letzten Samstag: Lafer! Lichter! Lecker! Und in der Tat sah sehr lecker aus, was Herr Lafer da an Fischgerichten auf die Teller zauberte. Ich habe richtig Appetit bekommen. Da die Köche aber nicht  still vor sich hin brutzelten, sondern  sich und die Zuschauer unterhielten, kam das Thema alte Teddybären auf und man stellte fest, dass sie von unschätzbarem Wert seien. Das hätte ich ihnen vorher sagen können, wir Teddybären sind einer Wertschätzung würdig. Doch als in der Sendung von Wert die Rede war, war damit Geld gemeint, sehr viel Geld. Und wie das Sprichwort schon besagt, verdirbt es oft den Charakter. So sagte mit einem Mal der Lichter, und das sogar vor laufender Kamera: „Seitdem klaue ich die alle.“*) So ein Horst! Da schrillten bei mir aber die Alarmglocken. Wir sind in Gefahr! Sobald er einen von uns erwischt, nimmt er ihn mit, einfach so, um sich zu bereichern. Beim Abspann habe ich mich dann wieder beruhigt, denn die Sendung wurde vom ZDF ausgestrahlt und Mainz ist weit weg.

Meine Beruhigung sollte allerdings nicht lange andauern. Cara hatte meine Entrüstung mitbekommen, stand völlig entspannt in der Tür – den Löffel mit dem leckeren Waldhonig genüsslich abschleckend – und meinte, gedreht werde die Sendung in Hamburg. Sie hatte die Ruhe weg, aber ich nun nicht mehr. Seitdem lade ich alle Teddybären der Umgebung zu einem Treffen ein. Das ist natürlich nicht solch ein Treffen, wie Cara es mit ihren Freundinnen veranstaltet, wo nur gegessen und getrunken wird und sie sich über Belanglosigkeiten unterhalten. Bei uns geht es ums Ganze. Jetzt brauchen wir nur noch ein Aushängeschild. Goldie will seine Beziehungen spielen lassen und eines in Auftrag geben. Ich finde ja, der grimmige Gesichtsausdruck der Bären vom Bären-Treff zeigt gut, was in uns vorgeht. Die einen wollen nicht vernascht und die anderen nicht geklaut werden. Hier geht es um unsere Sicherheit. Und nun ist es wohl bei allen angekommen, dass das Leben der Bären kein Honigschlecken ist. 

*) Video vom 21. Februar: bei -3.50

Montag, 9. Februar 2015

Winterschlaf, Fasching, Wahlen und Demokratie


Auch in diesem Jahr bin ich meinem Urinstinkt gefolgt und habe einen kurzen Winterschlaf gehalten. Eine große Müdigkeit hatte mich befallen und da habe ich mich nicht gequält, sondern aufs Ohr gelegt und einfach mal nichts getan. Cara sagt, sie hätte auch gern mal nichts getan, aber eine müsse ja die Brötchen verdienen. Mein Bruder hat ihr zugestimmt und hat die Brötchen gebacken. Er hatte ein neues Rezept entdeckt. Es ist kaum zu glauben, wo es in diesem Land doch so viele Brotsorten gibt, da findet er noch ein neues Rezept. Ich kann nichts dazu sagen, ob die Dinger geschmeckt haben, denn ich habe die Brötchen-Premiere verschlafen. Auf jeden Fall musste Cara nicht wieder zum Zahnarzt oder sie hat das Zeug erst gar nicht probiert. 

Nun bin ich genau zur Faschingszeit wieder aus dem Dämmerschlaf aufgewacht, und das mit einem Bärenhunger. Glücklicherweise hat man mich aber bis jetzt mit den Berlinern verschont, die es seit Neujahr in den Bäckereien gibt. Damit es keiner missversteht, die liegen da nicht seit Neujahr herum, sondern werden täglich neu gebacken. Und die Menschen kaufen und essen diese Fett-Ballen, können scheinbar nicht genug davon bekommen und wundern sich, dass sie immer dicker werden. Doch bald ist ja Valentinstag. Da kommen andere süße Sachen ins Regal, die eher nach meinem Geschmack sind. Kekse mit rotem Zuckerguss zum Beispiel oder Schokoladentörtchen mit einem roten Marzipanherzen oben drauf. 

Ja, man muss die Feste feiern, wie sie fallen, sagte schon Caras Opa. Und bei uns findet am Sonntag, gleich nach dem Valentinstag, eine Party statt, denn in dieser Stadt wird gewählt. Es ist Tradition, dass Cara dann ihre Freunde einlädt und jeder etwas Leckeres zu essen mitbringt. Kaum ist die erste Hochrechnung durch, erlahmt das Interesse am Politgeschehen und alle machen sich über das Essen her. Dann steht im Grunde nämlich fest, wer Einzug in die Bürgerschaft hält, wer das Rennen gemacht hat und Erster Bürgermeister wird. Das darf ich so natürlich nicht sagen, dann heißt es gleich voller Empörung, es bleibe bis zum Schluss spannend. Es komme auf die Sitzverteilung an, ob man einen Koalitionspartner brauche und wer dafür infrage käme. Außerdem könne es manchmal für die eine oder andere Partei ganz schön knapp werden, auch mit den 5%. 

Cara hat übrigens schon gewählt. Ob sie das mit der Hilfe des Wahl-O-Mats oder ohne hingekriegt hat, weiß ich nicht. Doch sie will mir auf keinen Fall verraten, wo sie ihre Kreuzchen hingesetzt hat. Da macht sie ein Riesengeheimnis drum. Die Wahlen seien schließlich geheim und sie sei sehr, sehr froh, in einem Land zu leben, wo Demokratie herrsche. 

Oh, sie mag gern in diesem Land leben!? Neulich klang das noch ganz anders. Ich habe vergessen, was passiert war. Doch sie war stinkwütend, zerknüllte die Zeitung zu einem Ball und kickte ihn in den Papierkorb. Ich dachte, Rumpelstilzchen sei bei uns zu Gast, so außer Rand und Band schrie sie: „Ich glaube, ich will in diesem bekifften Land nicht länger leben!“ Als ich sie fragte, welches denn ihr Traumland sei und warum, bekam ich zur Antwort, das werde ich dann schon sehen. Also wenn man mich fragt, entweder kann sie sich nicht entscheiden oder es muss wieder geheim bleiben. Denn schließlich hält sie viel von Demokratie.