Sonntag, 24. März 2013

Gestern auf Sylvies Geburtstag



Neulich habe ich großen Ärger mit Cara bekommen. Unsere Nachbarin Sylvie hatte angekündigt, sie wolle an ihrem Geburtstag ein Kaffeetrinken mit Freunden veranstalten. Aus lauter Vorfreude auf leckeren Kuchen rutschte mir heraus:  „Oh, wie toll, dürfen wir auch kommen?“  Wir durften. Doch anschließend bekam ich von Cara eine Standpauke, so was frage man nicht, man lade sich nicht selbst ein. Dabei sagt sie immer: Fragen kostet nichts. Doch das stimmt nicht, wie ich gleich darauf bemerkte. Denn nun musste ich ein Geschenk besorgen und deshalb mein Sparschwein schlachten. Das war aber nicht das Schlimmste, schließlich habe ich keinen Krebs in der Tasche. Doch ich sollte in das Geschäft, wo sie mich von meinem ZwillingsbruderHeinrich getrennt haben.

Als ich mich dem Laden näherte, war mir das Herz ganz schwer und meine Schritte wurden langsamer. Doch dann erinnerte ich mich daran, dass sie mich eines Winters nach draußen gestellt hatten wie einen Bären zweiter Klasse. Da bekam ich mit einem Mal eine Sauwut und konnte gar nicht schnell genug den Laden betreten. Nun wusste ich von Cara, dass ihr Lieblingsduschgel nicht mehr hergestellt wird. Das war die Chance, die Verkäuferin genau danach zu fragen. Wie erwartet machte sie ein betrübtes Gesicht und erklärte mir, was ich schon wusste. Da habe ich meinen Kopf schief gelegt,  sie mit großen Augen ganz lieb angesehen und gebeten, ob sie nicht doch mal im Lager nachsehen könne. Vielleicht, man kann es schließlich nicht wissen, gibt es da noch irgendwo ganz versteckt dieses wunderbare Duschgel. Die Verkäuferin seufzte und stöckelte ins Lager. Nach einiger Zeit erschien sie wieder, strahlend und die rote Tube wie eine Trophäe schwenkend. Oh, Mist, sie hatte das teure Zeugs noch gefunden. Schnell dachte ich wieder an die eisigen Wintertage im Freien und die verächtlichen Blicke der Passanten und sagte: „Ach, wissen Sie, ich habe es mir überlegt. Ich nehme doch lieber das Duschgel, das damals der Firmengründer hergestellt hat. Da weiß man, was man hat.“

Gestern nun sind wir mit dem schön verpackten Geschenk zu Sylvie gegangen. Cara wollte schnell noch ihre Arbeit fertig machen, denn sie lebt nach der Devise: Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Ich sehe das ganz anders. Hat man schon mal ein bisschen Spaß gehabt, flutscht es auch mit der Arbeit. Und das Ende vom Lied, wir kamen bei Sylvie an, als schon die ersten Gäste gingen und das Kuchenangebot recht überschaubar geworden war. Gerade noch rechtzeitig sah ich, wie ihr Mann Robert einen gierigen Blick auf das letzte Stück Käsetorte warf. Da fragte ich sofort: „Oh, Sylvie, die Käsetorte sieht ja lecker aus. Hast du die etwa selbst gebacken?“ Ich wusste, das saß. Und schon hatte ich das dicke Stück Torte auf meinem Teller, bevor Robert danach grapschen konnte. Die anderen waren ohnehin nicht an Kuchen interessiert. Zotti als Adoptivbär des Hauses lebt wie eine Made im Speck und war satt. Zottelinchen drehte schon wieder Pirouetten zu den Ungarischen Tänzen von Brahms, die im Hintergrund dudelten, und Cara arbeitet nicht nur am PC, sondern auch an ihren Problemzonen. Also habe ich den Kuchen genossen. Hinterher hatte ich noch ein klitzekleines bisschen Platz im Magen. Da die trockenen Teilchen, die da noch herumlagen, nicht so mein Fall waren, startete ich einen neuen Versuch bei Sylvie: „Sag mal, Sylvie, hättest du vielleicht so ganz zufällig im Kühlschrank ein kleines bisschen von deiner leckeren roten Grütze?“ – „Ach Zottel, die mache ich doch erst wieder im Juni, es ist doch im Moment noch keine Beerenzeit. “ - „Nee, aber für die Bären wird es Zeit“, kam es von Cara wie aus der Pistole geschossen. Es war vielleicht ein etwas abrupter Aufbruch, aber Robert hat dann schnell noch von uns Bären ein Erinnerungsfoto gemacht.