Mittwoch, 31. Oktober 2012

Prinzipien, Halloween und Martin Luther


Süßes oder Saures
Heute Abend, sobald es dunkel wird, kommen sie wieder, die kleinen Monster in ihren Verkleidungen, bei denen einem angst und bange wird. Also, dass die Kinder sich gruselig verkleiden und laut an die Tür klopfen, finde ich in Ordnung. Ich hatte schon überlegt, ob ich nicht auch von Haus zu Haus pilgern sollte. Am liebsten wäre ich als Harry Potter gegangen. Doch dann fiel mir ein, dass mir ja Hedwig fehlt, seine Eule. Mir bliebe vielleicht noch die Verkleidung als King Kong, da bräuchte ich bei meinem Fell gar kein großartiges Kostüm. Mal so praktisch gedacht. Doch eines missfällt mir bei der Sache sehr. Ein „Süßes oder Saures“ kommt mir nicht über die Lippen. Ich kann es nicht leiden, wenn man Leute erpresserisch drängt, sich freizukaufen.

Da geht es mir wie damals Martin Luther. Der hat nämlich exakt an Halloween auch die Wut gekriegt. Selbst wenn das schon sehr viele Jahre zurück liegt, so ist es nicht ohne Wirkung geblieben. Für alle, die noch nie was von Martin Luther gehört haben, fasse ich mal kurz zusammen. Ein Mann namens Tetzel zog damals durch das Land und  sagte zu den Leuten: „Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt!“ Ich meine, man hätte drauf kommen können, dass das Humbug ist. Gott lässt sich doch nicht bestechen. Aber manche Leute sind eben leichtgläubig. Also, liebe Leser, immer schön aufpassen, wenn jemand sagt: „Gib mir dein Geld, du bekommst nach einer gewissen Zeit auch viel, viel mehr zurück und kannst dir dann ein schönes Leben machen.“ Meistens hat die Sache einen Haken. Das nur so als Tipp von mir. Doch zurück zu Martin Luther, dem hat nämlich dieser betrügerische Heckmeck von dem Tetzel gereicht. Da hat er schnell zur Feder gegriffen und fünfundneunzig schlaue Sätze aufgeschrieben, wie es zukünftig laufen soll. Die hat er dann an die Schlosskirche in Wittenberg gehängt, sodass es jeder sehen konnte. Ein Shitstorm bei Facebook gegen Tetzel war damals ja leider noch nicht möglich. Dennoch hat das Ganze viel Staub aufgewirbelt, wenn auch nicht so funktioniert, wie von Luther geplant. 

Glücklicherweise ist mir diese Geschichte noch rechtzeitig eingefallen. Cara hat natürlich schon wieder Kekse und Schokolade eingekauft. Sie meint, man solle das Ganze nicht so ernst nehmen. Die Kinder hätten einfach Spaß an Halloween. Ich sehe das anders. Im letzten Jahr hatten wir vergessen, Süßigkeiten zu besorgen und darum so getan, als sei niemand zuhause. Da haben die Kinder eine Tube Klebstoff genommen und der ist dann über die Klingelanlage gelaufen, so wie es mir - natürlich nur aus Versehen - bei Caras schönen Füllern passiert ist. Am nächsten Tag ging die Klingel nicht mehr und das Gejammer war groß. Daran will sich jetzt niemand mehr erinnern. Doch ich bin gegen das Vergessen.