Sonntag, 23. September 2012

Schweigen, tanzen und dann ins Ballett

Zottelinchen war am Freitag im Ballett. Cara hat sie in ihrer großen Handtasche in die Oper geschmuggelt. Ja, da wundert sich der Leser, dass Cara so was macht. Ich mich auch. Doch manchmal sind meine Ideen so genial, dass sie einfach nicht anders kann. 

Es ist nämlich so, dass Zottelinchen kaum spricht, und das nach all der Zeit, die sie schon hier lebt. Sie antwortet, wenn sie gefragt wird, aber nur mit zwei, drei Worten, sagt eben nur das Allernötigste. Mir geht das manchmal auf den Geist, denn ich bin nun mal sehr mitteilsam. Ich glaube, ich erwähnte es bereits, das ist uns Zwilling-Geborenen so in die Wiege gelegt. Gerade haben wir über etwas nachgedacht, schon müssen wir darüber reden und reden und manchmal sogar schreiben. Vielleicht ist Zottelinchen ja im Zeichen der Fische geboren, das würde die Schweigsamkeit erklären. Man macht sich schließlich so seine Gedanken.

Wenn man sie allerdings heimlich beobachtet, dann sieht man sie tanzen. Erklingt hier im Haus Musik, dann dreht sie Pirouetten und macht mutige Sprünge und Stepps, zu denen ich gar nicht in der Lage wäre. Also habe ich das Ballett-Programm durchgesehen und für sie was Schönes ausgesucht, nannte sich Nijinsky-Epilog. Nijinsky, nun die meisten werden es wissen, war ein begnadeter Tänzer, der wegen seiner wahnsinnigen Sprünge und Pirouetten berühmt wurde. Das passte nun haargenau zu Zottelinchen.  Solch ein Ballett-Besuch wird sie zu einem Schwall an Begeisterungsäußerungen hinreißen, das wurde mir klar. Also Cara mit ihr ins Ballett und ich als Gourmet zu meinem Freund Fritz, der mir ein leckeres Lachsfilet gebrutzelt hat. So hatten wir alle, was uns gefällt.

Als  die beiden vom Ballettbesuch zurückkamen, war ich längst wieder zuhause und lag schon auf der Lauer. Habe dann auch gleich gefragt: „Na, Zottelinchen, wie war es denn? Erzähl doch mal.“ „Schön“, war die Antwort. Ich habe ungläubig zu Cara geblickt. Sie aber meinte nur: „Zottel, ein Neumeier-Ballett anzusehen, das ist so beeindruckend, das verschlägt einem glatt die Sprache. Das musst du verstehen.“ Na toll, das war ja dann eine gute Idee.