Die Geburtstagsbären |
Es war wieder so weit. Das große Ereignis stand bevor, Heinrichs und mein Geburtstag. Wir hatten schon ab Ende Mai die Tage gezählt. Mit diesem Zwillingsgeburtstag war zwar auch die schmerzliche Erinnerung an unsere Trennung verbunden, aber letztlich überwog die Freude über das überraschende Wiedersehen vor sechs Jahren.
Da in diesem Jahr unser Geburtstag auf den Pfingstsonntag fiel, nahmen wir das als gutes Omen. Bitte nicht denken, wir hätten viele oder gar teure Geschenke erwartet. Dennoch hatten wir das Gefühl, es würde etwas ganz Besonderes passieren.
Da in diesem Jahr unser Geburtstag auf den Pfingstsonntag fiel, nahmen wir das als gutes Omen. Bitte nicht denken, wir hätten viele oder gar teure Geschenke erwartet. Dennoch hatten wir das Gefühl, es würde etwas ganz Besonderes passieren.
Ich hatte mich schon tagelang auf die leckeren Kuchen aus Monsieur Toddiers Pâtisserie gefreut.
Heinrich meinte zwar, ich würde dann noch dicker. Doch er hatte das im Scherz
gesagt, denn er mag diese Leckereien natürlich genauso gern wie ich.
Als endlich unser großer Tag da
war, konnten wir es kaum erwarten, uns auf den Weg in die Pâtisserie zu machen.
Beim Frühstück hatte ich nur sehr sparsam zugelangt und mein Bruder auch. Wir
brauchten Platz im Bauch. Als wir Cara drängten, sich ein bisschen zu beeilen und
Kuchen zu kaufen, wurde sie ganz blass. Oh je, im ersten Moment dachte ich, sie
wird krank, hätte schwere Kreislaufbeschwerden. Doch sie fasste sich schnell
wieder und vor allem an den Kopf: „Oh, shit!", rief sie aus. „Das habe ich ja
völlig vergessen. Monsieur Toddier macht über Pfingsten Urlaub und fährt mit
seiner Frau Anna nach Frankreich, um dort seine Eltern, Tanten, Onkel, Cousins
und Cousinen zu besuchen. Denn in Frankreich halten die Familien noch zusammen,
meistens jedenfalls. Und es wird viel gegessen.“ Ich sah geradezu, wie Monsieur
Toddier seine Torten auf eine lange Tafel stellte und zu seinen Lieben sagte: „Et
voilà, mes nouvelles créations“.
Doch während ich meinen Träumen vom französischen Savoir vivre und ausgiebigem Tafeln nachhing, ging mir auf, dass das ja wohl für Heinrich und mich heute ein Fiasko gäbe und keinen Geburtstag wie sonst. Welch üble Überraschung! Und wer hatte Schuld? Cara. Sie hat mindestens drei Kalender, aber den Urlaub von Monsieur Toddier hatte sie nicht eingetragen oder sie hatte versäumt, in die Kalender zu gucken. Ich habe überhaupt keinen Kalender, brauche ich auch nicht, denn mein Gedächtnis arbeitet perfekt, wenn es um solch wichtige Dinge geht.
Doch während ich meinen Träumen vom französischen Savoir vivre und ausgiebigem Tafeln nachhing, ging mir auf, dass das ja wohl für Heinrich und mich heute ein Fiasko gäbe und keinen Geburtstag wie sonst. Welch üble Überraschung! Und wer hatte Schuld? Cara. Sie hat mindestens drei Kalender, aber den Urlaub von Monsieur Toddier hatte sie nicht eingetragen oder sie hatte versäumt, in die Kalender zu gucken. Ich habe überhaupt keinen Kalender, brauche ich auch nicht, denn mein Gedächtnis arbeitet perfekt, wenn es um solch wichtige Dinge geht.
Nachdem sich Cara der Panne
bewusst geworden war, tat es ihr leid und sie tröstete uns damit, dass wir in
Eppendorf in ein ganz, ganz schönes Café gehen würden. Die hätten dort auch
wundervoll leckeren Kuchen und so würden wir mal was Neues kennenlernen.
Heinrich sah mich an und sagte: „Haben wir eine Wahl?“ Ich antwortete: “Leider
nein, aber wir sind ja flexibel, auch im Kopf.“ So machten wir uns auf in das
Café, von dem Cara so schwärmte.
Als wir es betraten, kam die
Bedienung freundlich lächelnd auf uns zu und fragte: „Haben Sie reserviert?“
Cara schüttelte den Kopf: „Nein es war ein spontaner Entschluss, da man Sie uns
nun schon mehrfach so wärmstens empfohlen hat.“ Meine Güte, kann sie schleimen,
dachte ich, sagte aber nichts. Die Bedienung sah sich um, schüttelte den Kopf
und machte ein trauriges Gesicht: „Leider ist alles vorbestellt.“ Doch Cara ist
so schnell nicht aus der Fassung zu bringen. Sie nahm die Hand der Bedienung
und flüsterte: „Macht nichts, wir kommen dann ein anderes Mal.“ Ich dachte, ich
hätte mich verhört und wollte schon ausrasten. Was sollte das denn werden? Die Bedienung steckte ihre Hände in die Tasche ihrer blütenweißen
Servierschürze, wobei ihre Augen strahlten, als sie sagte:
„Ach, das habe ich ja völlig übersehen, hier ist noch ein schöner Fensterplatz.
Da hat gerade eine Familie abgesagt. Nehmen Sie doch bitte dort Platz. “
Na, da hatten wir noch mal Glück
gehabt. Von unserem Tisch aus hatten wir einen herrlichen Blick auf den hübsch bepflanzten Vorgarten und auch das Treiben im Café. Das Wichtigste aber war, der Kuchen schmeckte wirklich sehr lecker, wenn auch nicht im
Entferntesten so gut wie der von Monsieur Toddier. Doch dieser kleine Mangel
war nicht die Sache, die uns wirklich störte.
Das Café war in der Tat gut besucht und wir konnten uns bei dem Stimmengewirr kaum unterhalten. So laut war es. Es waren Familien da mit vielen kleinen Kindern und die durften – wie auch auf unserer Fahrt nach Hannover – unbeaufsichtigt und kreischend zwischen den Tischen herumrennen. Cara machte gute Miene zum lauten Spiel, die Bedienung auch. Mir war besonders ein lebhaftes Mädchen aufgefallen, das seinen Stuhl immer mehr zum Kibbeln brachte, bis es mit dem Ellenbogen gegen die Kaffeetasse seines Vaters stieß, diese auf den Boden fiel und zerbrach. Der Vater brachte nur ein: "Janina, siehst du, das kommt davon!", hervor, worauf das Lockenköpfchen erst in Tränen ausbrach, dann wütend kreischte: "Es ist ja auch so scheiß eng hier!". Indessen kniete sich eine Aushilfskraft auf den Boden und beseitigte den Schaden, während der Vater Richtung Toilettenraum lief, um seine weiße Hose zu reinigen.
Das Café war in der Tat gut besucht und wir konnten uns bei dem Stimmengewirr kaum unterhalten. So laut war es. Es waren Familien da mit vielen kleinen Kindern und die durften – wie auch auf unserer Fahrt nach Hannover – unbeaufsichtigt und kreischend zwischen den Tischen herumrennen. Cara machte gute Miene zum lauten Spiel, die Bedienung auch. Mir war besonders ein lebhaftes Mädchen aufgefallen, das seinen Stuhl immer mehr zum Kibbeln brachte, bis es mit dem Ellenbogen gegen die Kaffeetasse seines Vaters stieß, diese auf den Boden fiel und zerbrach. Der Vater brachte nur ein: "Janina, siehst du, das kommt davon!", hervor, worauf das Lockenköpfchen erst in Tränen ausbrach, dann wütend kreischte: "Es ist ja auch so scheiß eng hier!". Indessen kniete sich eine Aushilfskraft auf den Boden und beseitigte den Schaden, während der Vater Richtung Toilettenraum lief, um seine weiße Hose zu reinigen.
Doch kurz danach kam Karl in Fahrt. Er
war schon die ganze Zeit von seiner Mutter ermahnt worden, endlich mal für
ein paar Minuten auf seinem Platz sitzen zu bleiben. Aber er raste weiterhin mit
seinem Flugzeug in der Hand durch den ganzen Raum und spielte Pilot. Plötzlich
ließ er das Flugzeug in den Sinkflug gehen. Es verhakelte sich dabei in der Schürzentasche
der Bedienung, die gerade ein volles Tablett balancierte, auf dem ein Latte
macchiato so kippelte, dass er das tat, was sein Name versprach. Er produzierte
Flecken auf dem Tablett. Als Karl das Flugzeug wieder aus der Schürzentasche zog,
hing – oh Wunder – an einer Tragfläche ein
20-Euro-Schein.
Heinrich und ich sahen uns nur an
und sagten nichts. Cara machte ein griesgrämiges Gesicht und grummelte: „Hier
gehen wir nicht wieder hin. Ist ja nicht auszuhalten, diese unerzogenen Gören!“
Sie ließ sich dann schnell die Rechnung bringen, zahlte und wir fuhren nach
Hause.
Es war schon ein sehr besonderer Geburtstag, aber das nächste Mal gibt es wieder Torte und Macarons von Monsieur Toddier.
Es war schon ein sehr besonderer Geburtstag, aber das nächste Mal gibt es wieder Torte und Macarons von Monsieur Toddier.
So sehen Torten von Monsieur Toddier aus |
Oder Cara muss bis dahin lernen, schöne Torten zu zaubern. In Erinnerung an den Besuch in
diesem Café kriegt sie das garantiert gebacken.