Dienstag, 2. Februar 2016

Ruhe und Erholung im Februar


Mein großes Herz darf man nicht zu sehr strapazieren
Der Januar brachte keinen guten Einstieg ins neue Jahr. Gustavs Besuch und sein Wissen als Coach, das er ständig zum Besten gab, hat mich aus der Bahn geworfen. Er sollte sich hier erholen. Gut und schön. Das Freiburger Bärle hatte die Ruhe weg und ließ alle vermeintlich guten Ratschläge an sich abprallen. Ich kann aber nicht immer nichts sagen oder gar weghören. Die Besserwisserei ging mir gehörig gegen den Strich. Doch dann kam die Wende. 

Nachdem alle einen guten Rat mit auf den Weg bekommen hatten, war auch Cara an der Reihe. Gustav schaute sich ihren Schreibtisch an und schüttelte den Kopf. Heinrich stupste mich an und wir warteten gespannt, was nun geschehen würde. Und schon legte Gustav los:
Keine großen Sprünge mit Fröschen
„Also, ein Schreibtisch ist ein Arbeitsplatz. Da haben Keksdose und Deko-Artikel nichts zu suchen. Sie lenken nur vom Wesentlichen ab, den klaren Gedanken. Schließlich bist du keine Kreative, die Anregungen braucht. Und selbst die…“ Weiter kam er nicht, denn Caras  Antwort ließ nicht lange auf sich warten: „Ich arbeite jetzt seit zwanzig Jahren auf diese Weise und gedenke nicht mit wem auch immer zu diskutieren, was auf meinem Schreibtisch zu liegen hat.“ Doch der Schlaubär ließ nicht locker: „Cara, wenn du nicht immer zu den Fröschen guckst oder in die Keksdose greifst, kannst du in kürzerer  Zeit deine  Arbeit fertigstellen und somit auch mehr verdienen. Denn bedenke, Zeit ist Geld! So allerdings wirst du nie große Sprünge machen“, schob er noch nach. Cara hatte inzwischen ungesund rote Flecken am Hals und holte tief Luft: „Mir reicht’s aber, sowohl mit dem, was ich hier und heute verdiene, als auch mit deinen ach so tollen Tipps. Entweder du hältst deine Klappe oder du verschwindest und erholst dich da, wo der Pfeffer wächst.“ Mein Bruder und ich beobachteten neugierig, was nun wohl passierte. Doch es blieb still, auch den ganzen Abend lang und alle gingen recht früh schlafen. 

Mitten in der Nacht schreckte ich hoch. Hatte ich wirres Zeug geträumt oder war da ein ungewohntes Geräusch zu hören? Ich schlich zur Tür und sah Licht in der Küche. Also schaute ich vorsichtig um die Ecke. Cara saß am Küchentisch, vor sich ein großes Glas von dem Calvados, über den sie immer sagt, den könne man nicht trinken, der kratzt. In dieser Nacht jedenfalls kratzte sie das wenig. Sie nahm einen großen Schluck und sagte: „Das tut gut!“ Ich  machte mich bemerkbar und fragte, ob ihr das Abendessen nicht bekommen sei. Doch es war Gustav, der ihr schwer im Magen lag. Sie hatte geträumt, er habe all ihre Frösche vom Schreibtisch genommen und mit lachendem Gesicht gegen die Wand geworfen. Nun sind ihre Frösche aus Ton und verwandeln sich nicht wie im Märchen in einen schönen Prinzen, sondern zu traurigen Scherben. Es muss ein sehr hässliches Bild gewesen sein, das sie da verfolgte.
 
Plötzlich stand auch Heinrich in der Tür und berichtete, er habe vor einigen Nächten geträumt, dass Gustav all seine Kochbücher zerschnitten und dabei immer gemurmelt habe: „Das muss man ganz anders schreiben. Das taugt alles nichts. Hausfrauenkram.“ Als er dann das Buch mit dem vielversprechenden Titel  „Glücksmomente in Gelee & Konfitüre“ in die Hand nahm, war mein Bruder aufgewacht. Sein Herz schlug bis zum Hals. Doch dann sah er erleichtert, dass das Buch, das er gerade zu Weihnachten bekommen hatte, noch im Regal stand. Und auch alle anderen Kochbücher waren noch da. 
Heinrich und seine Kochbücher
 
Cara hatte inzwischen ihren kratzigen Calvados geleert, war putzmunter und meinte: „So, der Bock ist fett. Gastfreundschaft hin, Gastfreundschaft her. Mister Neunmalklug reist morgen ab. Jetzt brauchen nämlich wir ein bisschen Ruhe und Erholung, damit nicht uns ein Burnout oder sonstwas ereilt.“ Sie ging ins Internet, buchte ihm eine Fahrkarte und packte seinen Koffer. Ehrlich, ich habe noch nie so gern hinter einem Zug hergewinkt wie gestern.     
... und das ganz ohne Gustav
... und das ganz ohne Gustav