Freitag, 29. August 2014

Zwerge, Balkone und ein Kälteeinbruch


Wir hatten einen schönen Sommer, bis vor kurzem. Nun ist es bitterkalt geworden und Cara stellt abends die Heizung an, auf der ich gern sitze und mir das Fell wärme. Manchmal scheucht sie mich herunter, was ich gar nicht nett finde.

Und Cara gibt sich auch nicht damit zufrieden, dass dieser Sommer und die Saison im Freien vorbei sein soll. So will sie ihren Balkon aufpeppen und kümmert sich um die Herbstbepflanzung. Ausnahmsweise durfte ich zum Einkaufen mit, das heißt, ich habe mich in ihre Tasche geschmuggelt und – wie schon so oft – hat sie es nicht gemerkt.
Gleich tauche ich ab
Also konnte ich ein Wörtchen mitreden, als es um die Wahl der Pflanzen ging. Sie hatte sich für Astern und Myrte entschieden. Das fand ich in Ordnung. Doch dann hat sie der Teufel geritten und sie hat ganz verzückt die Zwerge in die Hand genommen, die im Geschäft auf dem Regal standen. Sie wollte doch tatsächlich drei dieser bärtigen Gesellen mit nach Hause nehmen und auf den Balkon stellen. Das sei so schön retro, meinte sie. Ja, alles, was retro oder vintage ist, gefällt momentan, so hässlich es auch aussehen mag. Nicht umsonst nennen es viele shabby chic. Damit ist ja wohl alles gesagt. 

Doch darum ging es mir im Grunde nicht, dass sie was Hässliches, das oll aussieht, kauft, sondern ich erinnerte mich an ein Märchen, in dem ein Bär und ein Zwerg eine ganz besondere Rolle spielen. Bei einigen meiner Leser wird es jetzt klick machen und sie wissen, was ich meine. So sehr ich auch über die Gebrüder Grimm und ihr Märchen Aschenputtel entsetzt bin, so sehr gefällt mir ihr Märchen Schneeweißchen und Rosenrot. Cara kannte es bisher nicht, denn sonst wäre sie wohl kaum auf die absurde Idee gekommen, sich diese Zwerge ins Haus zu holen. 

Ich habe dann im Geschäft mal kurz für alle das Märchen zum Besten gegeben. Also, dass die beiden Mädchen den Bären im Winter in ihr Haus holen und es dulden, dass er sich am Ofen (Heizung gab es damals noch nicht) wärmt, dass der Bär aber im Frühjahr wieder verschwindet, die Mädchen dann auch ins Grüne gehen und drei Mal einem widerlichen Zwerg in Not begegnen. Da die Mädchen aber ein Herz aus Gold haben, helfen sie ihm, er jedoch zeigt sich undankbar, wird beim vierten Treffen sogar handgreiflich und so wütend wie derweil Rumpelstilzchen. Da kommt dann der Bär ins Spiel und hilft den Mädchen aus der Patsche, indem er den Zwerg erschlägt. Und schwuppdiwupp wird aus dem Bären ein schöner Prinz. Jetzt fragen sich vielleicht einige: Musste er den Zwerg denn erschlagen? Nun, über Gewalt will ich nicht diskutieren, aber der Zwerg hatte aus purer Habgier eben diesen Prinzen in einen Bären, genauer gesagt in den Retter-Bären, verwandelt und ihm all seine Schätze geklaut. Das macht man ja auch nicht. Und es wäre kein Märchen, würde nun der Prinz nicht auf der Stelle Schneeweißchen heiraten. Doch nun kommt’s: Der Prinz hat noch einen Bruder – so wie ich auch – und der heiratet natürlich Rosenrot. 

Ich weiß nicht, ob mir meine Leser aufmerksam gefolgt sind, aber ich sehe da gewisse Parallelen zum wirklichen Leben. Auf jeden Fall aber habe ich Cara vor großem Unheil bewahrt, indem ich ihr vom Kauf der Zwerge abgeraten habe.