Sonntag, 2. Juni 2013

Zottel nimmt Abschied


Rapunzel, sag doch was!
Es war sehr traurig, doch ich habe mich für immer von Rapunzelchen verabschieden müssen. Meine Leser erinnern sich sicher, ich habe vor einem Jahr versucht, an den Wurzeln von Pflanzen zu horchen, um sie zu verstehen (links ein Foto zur Erinnerung). Und dazu boten sich natürlich Orchideen mit ihren langen Luftwurzeln an. Auch jetzt hatte Rapunzel zwar immer noch lange Wurzeln, aber alle waren verholzt und sie hatte Blatt für Blatt verloren, an Blüten war schon lange nicht mehr zu denken. Ein Bild des Jammers! Kurz gesagt, Rapunzel ist tot.

Nun gibt es ja Menschen, die werfen dann Pflanzen einfach so in den Müll. Das geht gar nicht, zumal sie hier jahrelang wundervoll geblüht und mich erfreut hat. Und so sind Cara und ich gestern Abend in den kleinen Park gegangen, als Helene Fischer zur Hochform auflief und auch Bayern München gegen den VfB Stuttgart, also zur besten Sendezeit. Denn Zuschauer wollten wir nicht haben, als wir das kleine Loch für das hingeschiedene Pflänzchen gruben. Natürlich blieben wir dennoch nicht unbemerkt. Hundebesitzer sind ja wohl immer unterwegs und manche haben ihren Pfiffi nicht ganz im Griff. Ich konnte gar nicht so schnell gucken, wie ein Schäferhund angaloppiert kam. Schwupps, schon hatte ich seine lange, feuchte Zunge im Gesicht. „Hilfe, mich hat ein Hund geküsst!“, hätte Lucy gerufen und ich am liebsten auch. Dann rannte der Hund aber schnell wieder weg, denn sein Herrchen hatte ihn zur Räson und in unsere Richtung „Entschuldigung!“ gerufen. Da kann man noch nicht mal in Ruhe seine Lieblingsorchidee unter einer alten Trauerweide begraben und ein bisschen um sie weinen! Komme mir jetzt kein Schlaumeier und denke, Tiere können doch gar nicht lachen und weinen. Und was ist dann mit den Krokodilstränen? Na? Und außerdem kann man auch nach innen weinen, ganz still für sich. Das klappt übrigens mit dem Lachen auch.

Cara hat mir das bestätigt. Als sie vor vielen Jahren ihren ziemlich blöden Job kündigte, da hat ihr ebenso blöder Chef so verdutzt geguckt, dass sie schnell wieder an ihren Platz gegangen ist und in sich hinein gelacht hat, weil der Blödmann zukünftig seine unsinnigen Vorgaben allein erfüllen müsste. So geht nach innen Lachen. Und ich habe gestern nach innen geweint. Glücklicherweise hat Cara keinen ihrer weisen Sprüche gesagt, wie: „Alles hat seine Zeit“, „Man muss auch loslassen können“ oder gar “Wenn sich irgendwo eine Tür schließt, dann geht woanders eine auf“. Nein, sie hat noch ein paar Vergissmeinnicht auf das Grab gepflanzt und dann sind wir gegangen.

Als wir wieder zu Hause waren, hatte Kommissar Stubbe längst seinen Fall gelöst. Cara hat mir dann einen leckeren Kakao gemacht und sich aus ihrer Zapfanlage ein Glas Rotwein eingeschenkt. Nach einer Beerdigung braucht man was Belebendes, meinte sie. 
Nach der Beerdigung gibt es einen Schluck
 
Und ich habe überlegt, wie ich wieder an was Fröhliches denken kann. Schließlich muss ich bis zum nächsten Sonntag zurück zur besten Zottellaune finden, denn dann ist schon mein Geburtstag und Cara hat all meine Freunde eingeladen. Ich habe wohl doch sehr betrübt geguckt, denn sie konnte es sich nun nicht länger verkneifen: „Kopf hoch, Zottel!“ Und dann kam’s: „The show must go on!“