Karneval,
das ist nichts für mich. Bin froh, wenn es wieder vorbei ist. Ich setze mir
doch keine Pappnase auf oder verkleide mich und mache mich zum Narren. In diesem
Jahr sollte es jedoch ganz furchtbar werden.
Am
letzten Mittwoch erhielten wir einen Anruf von Caras Sandkastenfreundin Rita, die
jetzt in Krefeld wohnt. Wir sollten doch kommen und Karneval feiern, das könne
man schließlich nur im Rheinland. Da Cara ohnehin schon seit Tagen an einem
Kostüm nähte und morgens unter der Dusche die Habanera trällerte, ahnte ich bereits
Schlimmes. Und so kam es dann auch. Noch am Mittwochabend ging es nach Krefeld.
Cara hatte zwar gesagt, ich könne hier bleiben, denn es würde mir bestimmt
nicht gefallen, doch ich war ein kleines bisschen neugierig und wollte mit, so
aus ihrer Tasche hervorkommen und als stiller Beobachter alles miterleben.
Am
Donnerstag fuhren wir mit der Stadtbahn von Krefeld nach Düsseldorf. Rita trug
ein Fantasiekostüm, Cara hatte sich als Carmen aufgebrezelt. Ich hätte sie
nicht wiedererkannt. Dann ging es in ein Lokal. Dort war es rappelvoll und es gab dieses dunkle Bier in
kleinen Gläsern, Alt nennen sie es, und so sieht es auch aus. Die Frauen haben
ganz gut zugelangt und es war laut dort. Dann geschah das Schreckliche.
Mit einem Mal kam eine grell geschminkte Frau auf mich zu und hauchte mir mit
ihrer Bierfahne ins Gesicht: „Ach, bist du ein Süßer, aber selbst du, Schätzelein.“
Und dann war es auch schon passiert.
Mit
einem kühnen Scherenschnitt hatte sie mir meine Fliege abgesäbelt. Ich stand
unter Schock. Da nützte es auch nichts, dass Rita mir liebevoll über den Kopf
strich und sagte, das sei nun mal so
Brauch. An Weiberfastnacht werden die Krawatten abgeschnitten. Das dürften die
Frauen, es sei ein Zeichen der frühen Emanzipation. Nun dachte ich, das wisse
Rita aus der Emma. Aber nein, es war nicht Alice Schwarzer, von der sie das erfahren
hatte. Ein Freund von ihr hatte darüber geschrieben. Manchmal verstehe ich die
Männer nicht. Wie kann man so was auch noch publik machen! Na, den würde ich
gern mal kennenlernen.
Kaum
hatte ich mich von dem Schock erholt, kam die nächste Katastrophe auf mich zu.
Eine völlig überdrehte und sehr beschwipste Frau hat Cara mit donnerndem
Helau angerempelt, sodass das eklige Alt
aus ihrem Glas mit Schmackes über mein Fell schwappte. Nun hatte ich doch ein
Kostüm, Zottel als begossener Pudel. Lachen konnten aber nur die anderen. Ich
jedenfalls hatte so richtig genug vom Karneval. Cara hat es dann wohl auch
gereicht. Sie ist mit mir zu Ritas Wohnung gefahren, hat meine Sachen in die
Waschmaschine gestopft und mir das Fell gewaschen, aber gründlich. Danach wollte ich auch den Zug nicht mehr sehen, nur noch den, der mich nach Hause brachte. Darum sind wir seit gestern wieder hier in der narrenfreien Zone.
Einfach meine schön Fliege abgeschnitten |
Nun
bin ich zwar wieder sauber, wie man sieht, aber nicht mehr derselbe. Ist das
der Sinn von Karneval? Ich pfeif auf Rosenmontag. Für mich ist jetzt schon
Aschermittwoch.