Ich hatte in den letzten Tagen
keine gute Zottellaune. Denn nun war das geschehen, was ich immer befürchtet hatte. Ich konnte nichts schreiben,
denn wir waren ohne PC. Gut, es hat nicht lange gedauert, da stand hier ein
neues Notebook. Bei der Auswahl hatte ich kein Wörtchen mitzureden, leider, sonst wäre der Bildschirm größer
ausgefallen. All die wunderbaren Apps wären dann fantastisch zur Geltung
gekommen. Hier auf dem Screenshot sieht man ja nicht einmal die Hälfte.
Und was
hat Cara gemeckert. Sie will morgens nicht schon mit Börsenkursen und Reisen
konfrontiert werden. Kann ich verstehen. Wenn man nicht das Geld hat
wegzufahren, ist es hart, am frühen Morgen gleich mit Bildern vom Karneval in Rio
begrüßt zu werden. Aber diese schönen farbenfrohen Fotos, ich war entzückt. Sogar der
Wetterbericht hat mir gefallen. Das ist doch auch das Wichtigste, jedenfalls für
Menschen. Damit können sie ihre Gespräche bestreiten, wenn sie sich sonst
nichts zu sagen haben. Es heißt nicht umsonst Smalltalk, klein eben in den
Gedanken. Groß dagegen sind die Apps. Nur leider funktionieren sie nicht wie bei einem iPad mit einem Touch auf
den Bildschirm. Man muss wieder mit der Maus spielen oder dem blöden Touchpad unter der Tastatur. Dennoch klare Ansage meinerseits: Ich finde, Windows 8 hat das
Fenster zur Welt ganz weit aufgemacht.
Cara sah das wohl nicht so. Sie hat sich schmollend in die Betriebsanleitung
vertieft und wieder Dackelfalten gemacht. Doch mit einem Mal – per Zufall oder durch
einen gekonnten Handgriff – hat sie die wunderbaren großen Bilder in eine kleine Leiste mit nichtssagenden Symbolen verwandelt. Sie sprang auf und rief, als sei es das Wunder von Bern: „Ich hab’s, Charms, Charms, Charms! Charms, ja, das
ist genau das, was ich jetzt brauche!“ Dann schnappte sie sich ihre Tasche,
verließ die Wohnung und ließ mich mit den blöden Symbolen zurück.
All die vielen Apps, hier nur etwas kleiner |
Nun, die
letzten Tage waren etwas anstrengend für sie, da können solche Ausraster schon mal vorkommen. Ein bisschen besorgt war ich allerdings doch.
Wo war sie hin? Wusste sie noch, wer sie ist, wo sie wohnt? Vielleicht sollte
sie besser einen Arzt aufsuchen. Glücklicherweise verfalle ich nicht schnell in
Panik, habe erst einmal ein paar Honigbonbons gelutscht – was mich immer sehr beruhigt
- und abgewartet.
Nach gut zwei Stunden war eine strahlende
Cara zurück. Da war ich aber froh. Sie stutzte kurz und kicherte: „Ach, den PC
habe ich gar nicht heruntergefahren, ich Schussel.“ Ich sage ja, sie war nicht
ganz bei sich. Dann packte sie eine kleine Schachtel aus und holte einen
winzigen silbernen Drachen hervor. Den fädelte sie auf ihr Armband und sagte: „Ich
liebe Windows 8, Charms machen gute Laune, und dies ist mein Glücksdrachen.“
Mir fehlten die Worte. Um Schlimmeres zu verhindern, habe ich schnell wieder auf
die Ansicht mit den großen Abbildungen gewechselt.
Caras Charm, ein Glücksdrachen |