Sonntag, 25. Juni 2017

Marokko für lau, das ist schlau



Warten in der Abflughalle

Wer meinen letzten Beitrag aufmerksam gelesen hat, der weiß, dass mich meine Bildungsreise nach Marokko geführt hat. Jedoch  noch  weiß niemand,  wie ich dorthin  gelangt bin, ohne einen Euro zu investieren.

Ich hatte zwei Beispiele, zum einen Baby Lou, das ist der Bär, den mein Bruder auf seiner Frankreichreise getroffen hat und der von einem verwöhnten Bengel einfach im Gartenrestaurant liegengelassen wurde. Dann erinnerte ich mich noch an die Geschichte von Thomas Müller, dem Teddybären der Wortmanns, der zur Vorweihnachtszeit, wenn die Menschen im Kaufrausch sind, von seiner Familie vergessen wurde. So sagte ich mir, dass es wohl häufiger vorkomme, dass Teddys einfach so vergessen werden und machte mir das zunutze.

Am Flughafen ist ja immer viel los. Also stellte ich mich in die Abflughalle Ausland und schaute hilflos umher. Ein Ehepaar wurde auf mich aufmerksam und fragte, ob ich jemanden suche. Das war meine Sternstunde. „Ja, meine Familie ist weg“, jammerte ich. „Wir wollten gemeinsam nach Marrakesch.“ Der Mann schlug vor, man solle mich ausrufen lassen. Doch ich bin schließlich nicht auf den Kopf gefallen und entgegnete schnell: „Nein, das ist sinnlos, die sind schon vor gut einer Stunde durch die Kontrolle und das Flugzeug sollte vor 10 Minuten starten.“ Dann blickte ich traurig durch die große Glasscheibe einer Maschine hinterher, die gerade abhob. Die Frau bekam feuchte Augen und sagte: „Sei nicht traurig, du hast Glück, wir wollen auch nach Marokko, zwar nicht nach Marrakesch, aber nach Essaouira. Wir nehmen dich einfach mit und geben dich dann bei deiner Familie ab.“ Und um mir Mut zu machen, fügte sie hinzu: „Na, die werden sich freuen, wenn sie dich wiederhaben, was! Und stell dir vor, unser Flug geht auch schon in einer Stunde.“

Von dieser Stadt, die mit einem E beginnt, hatte ich noch nie gehört. Aber eigentlich war es mir egal. Hauptsache, ich kam mal raus und lernte den Orient kennen.  Der Mann war leider etwas skeptischer und meinte: „Stop, nicht wieder so voreilig, Susanne! Erst denken, dann handeln! Wie sollen wir ihn denn von dort zu seiner Familie bekommen?“ Die Frau schien mir entspannter und auch wendiger im Kopf und antwortete: „Aber Schatz, wir wollten doch ohnehin einen Wagen mieten und mal ein wenig herumfahren. Dann geht unsere Tour eben nach Marrakesch.“ Doch er ließ nicht locker und wandte sich an mich: „Weißt du denn überhaupt, in welchem Hotel deine Familie wohnen wird?“ Oh, jetzt war mein gutes Gedächtnis gefragt. Cara hatte mal von einem Riad erzählt, in dem sie vor vielen Jahren gewohnt hatte. Und da der Name so ähnlich wie Nougat klang, hatte ich ihn mir glücklicherweise gemerkt. „Riad Noga“, antwortete ich prompt. Jetzt war auch Schatz beruhigt und hatte nichts mehr einzuwenden.

Ich ging also mit den beiden auf Tour, zuerst in diese komische Stadt mit dem unaussprechlichen Namen  und danach nach Marrakesch. So wurde ich erneut ein blinder Passagier, was ich ja schon von meinem Flug mit der schönen Maria nach Ligurien kannte. Also krabbelte ich in das Handgepäck von Susanne und wurde beim Durchleuchten der Tasche auch nicht entdeckt, weil die Sicherheitsleute gerade heftig diskutierten, wer von ihnen denn zuerst in die Pause dürfe. Das nenne ich dann mal Glück für Zottel. 

Die unaussprechliche Stadt liegt übrigens am Meer und hat gar nicht so viel vom Orient, wie ich erwartet hatte. Da war ich schon ein bisschen enttäuscht. Dennoch habe ich dort was Besonderes gekauft, ein Kästchen für meinen Lieblingsfüller und eine Dose, beides aus Thuja-Holz, also von einem Lebensbaum. Na, wenn das kein gutes Omen ist!
Meine Mitbringsel aus Thuja-Holz
Nachdem ich mit Susanne und Schatz zwei Tage in der Stadt am Meer war, mieteten sie ein Auto und fuhren mit mir Richtung Marrakesch. Unterwegs gab es viel zu sehen. Meine Leser werden es mir kaum glauben und ich dachte zuerst auch, es sei eine Fata Morgana, aber ich sah Ziegen auf Bäumen. Susanne erklärte, dass die Früchte für die Ziegen leckeres Öl enthalten und deshalb machen sie sich die Mühe dieser Kletterpartie. Susanne benutzt für ihre Haut auch Arganöl, verriet sie mir, allerdings kauft sie das in einem Online-Shop und muss nicht auf die Bäume klettern. Die Zeit verflog auf der Fahrt wie im Flug und schon waren wir in Marrakesch.

Mensch, war das eine Gewusel in der Medina! So viele enge Gassen. Schatz guckte schon missmutig, was mir sehr gelegen kam, denn ich wollte jetzt die beiden loswerden und sagte: „ Mit dem Auto ist es doch etwas umständlich hier, fahrt ihr nur weiter, ich finde schon den Weg.“ Susanne maulte etwas, denn sie wollte mich doch bei meiner Familie abgeben und sehen, wie die sich vor lauter Wiedersehensfreude gar nicht mehr einkriegt. Ich weiß, das war ein bisschen gemein von mir, sie abzuwimmeln, aber ich habe sie ganz fest gedrückt, mich herzlich bedankt und dann gesehen, dass ich in der Menge verschwand.

Wie es mir im Souk erging, habe ich ja schon neulich berichtet, als ich über die rote Lampe schrieb, die zu Hause gar nicht so gut ankam. Meine Rückreise erfolgte übrigens mit einem ähnlichen Trick wie bei Susanne und Schatz. Nur hieß das Paar Anne und Rolf.    

Übrigens gibt es ein komisches Phänomen, das mir ein bisschen Angst macht. Ich wage fast nicht, darüber zu schreiben,  da meine Leser denken könnten, ich sei nicht ganz richtig im Kopf. Und ist der Ruf erst einmal ruiniert.... Also, wenn ich auf unseren Balkon blicke, sehe ich natürlich die wundervolle rote Zauberlampe, die von Cara leider so verschmäht wurde. 
Die traumhafte Zauberlampe

Manchmal aber wandelt sich die Lampe, nimmt eine andere Gestalt an, die mich seltsamerweise an Fräulein Rottenmeier erinnert. 
Ich sehe Fräulein Rottenmeier
Als ich das neulich meinem Bruder anvertraute, meinte er nur, das hätte ich mir selbst zuzuschreiben. Wer den Leuten so frech wie ich einen Bären aufbindet, der muss sich nicht wundern, wenn er hinter jeder Pflanze eine strenge Gouvernante vermutet. 

Unter uns, ich glaube, er liegt falsch mit seiner Theorie. Es muss einen anderen Grund geben. Mein Bruder ist schlicht nur neidisch, dass ich diese schöne Reise gemacht habe, und das ganz für lau.