Samstag, 20. Juni 2015

Was gute Laune macht


Was gute Laune macht, ist für jeden etwas anderes. Manche sind schon guter Stimmung, wenn sie morgens ein bisschen länger schlafen können. Die meisten freuen sich, wenn sie ein wundervolles Essen serviert bekommen. Das wäre im Fall meines Bruders so. Andere  bekommen ein versonnenes Lächeln um den Mund, wenn die Sonne scheint, was im Moment eher selten der Fall ist. Und wieder andere brauchen einen ganz, ganz, besonderen einzigartigen Anlass oder eine überraschende Begegnung. 

Als Cara heute bepackt mit vielen Tüten vom Einkaufen kam, strahlte sie. Das ist samstags eher die Ausnahme, kommt so gut wie gar nicht vor. Sie hasst die vollen Geschäfte, die Schlangen an der Kasse. Und da sie kein Auto hat, schleppt sie alle Lebensmittel nach Hause bis in den zweiten Stock und pustet dann vernehmlich. Also, auch noch schlechte Kondition. Sport würde helfen, doch das ist nicht ihr Ding.

Doch seit ein paar Wochen hat sie ihr Ding gefunden. Sie fädelt Perlen auf und stellt Armbänder her. Ich finde zwar, das ist ein bisschen wie im Kindergarten, aber wenn es sie so glücklich macht, wie es heute den Anschein hatte, soll mir das recht sein. 

Caras neues Hobby
 
Allerdings fürchte ich, dass nun all ihre Freundinnen mit den Werken beschenkt werden und aus Höflichkeit so tun müssen, als seien sie unfassbar begeistert. Ich höre schon die Ausrufe: „Oh, wie hübsch ist das denn! Das passt ganz toll zu meinem neuen Kleid!“  oder „Oh, hast du das selbst gemacht? Du bist aber eine wahre Künstlerin!“. Was sie wirklich denken, bleibt dann ihr Geheimnis und ich will es lieber nicht wissen. Doch wie schon gesagt, die Hauptsache ist, dass es Cara gute Laune beschert. 

Schmucker Girlie-Schmuck

Also wagte ich heute die Frage: „Und, wie war es denn so beim Einkaufen? Hast du alles bekommen und vielleicht noch ein Schnäppchen gemacht?“ – „Och, eigentlich war es wie immer.“ Dabei grinste sie wieder so verschmitzt. Und wenn jemand eigentlich sagt, dann kann man davon ausgehen, dass er oder sie genau das Gegenteil ausdrücken wollte. Also, habe ich noch ein bisschen nachgefragt, denn meine Neugierde war geweckt. „Waren die Verkäuferinnen freundlich?“ – „Ja, das sind sie dort doch immer.“ „Dort ist übrigens ein preiswerter Supermarkt mit vier Buchstaben.“ Ich ließ nicht locker: „Und stand wieder der Obdachlose vor der Tür, der Hinz & Kunzt verkauft?“ Da fing sie an zu kichern, als hätte ich was völlig Blödes gefragt. Sie  kriegte sich gar nicht mehr ein und ich dachte schon, sie habe bereits am frühen Morgen…., aber das konnte nicht sein, sie trinkt nur abends und das auch nur in Maßen. Ich musste inzwischen auch lachen, denn sie bog sich und ihr liefen die Tränen die Wangen herunter. Da war ja wohl was sehr Komisches passiert.

Als sie wieder einigermaßen ruhig atmen konnte, sagte sie: „Vor der Tür stand….“, dann gnickerte sie wieder wie ein Teenager, holte Atem und stieß hervor. „Jean-Luc.“ Aha, ist ja nicht so witzig, dachte ich bei mir. Denn es wäre mir lieber gewesen, wenn ich von dem Gernegroß nichts mehr gehört hätte. Hatte hochfliegende Träume und machte immer auf „Mir gehört die Welt, denn ich hab die Taschen voller Geld.“ Also fragte ich weiter: „Und was ist jetzt so drollig daran? Will er sich etwa wieder mit dir treffen? Oder hat er sich einen Ziegenbart wachsen lassen?“ – „Nein, Zottel, er hat mich gar nicht gesehen. Er verteilt jetzt eifrig Werbeblättchen an die Käufer. Alles ist gekommen, wie er immer gesagt hat: Ich sehe mich in der Werbung.“