Kaum hatte Cara ihre Erkältung
abgeschüttelt, erwischte es mich, aber nicht zu knapp. Hohes Fieber, Schnupfen,
Halsschmerzen und Husten. Also das volle Programm. Ich kam nicht darum herum
und musste Salbeitee trinken. Mein Bruder hat mir täglich eine leckere Hühnersuppe
gekocht, doch ich habe nur Salz herausgeschmeckt. Überhaupt schmeckte alles wie
Pappe. Cara ist dann losgezogen und hat im Supermarkt, wo es die vielen Sorten Honig gibt, diverse Gläser eingekauft, wohl aus doppelt schlechtem
Gewissen, weil sie mich angesteckt hatte und auch weil sie die Vorräte aufgeschleckt hatte. So nach zwei Wochen konnte ich dann den Unterschied
zwischen Tannenhonig, Kleehonig, Thymianhonig herausfinden. Nur fühlte ich mich
immer noch schlapp und konnte mich kaum auf den Beinen halten.
Da sagte mein Freund Fritz:
„Jetzt muss was passieren. Zottel muss wieder zu Kräften kommen.“ Und Fritz
redet nicht viel, sondern handelt. Also stattete er Joe the Cook, dem derzeit
angesagten Fischkoch der Stadt, einen Besuch ab und vereinbarte mit ihm, dass
mir jeden Tag ein anderes Lachsgericht geliefert wird. Zuerst fand ich das
toll. Doch dann fiel mir ein, dass das ja viel Geld kostet. Der arme Fritz! Er
ließ sich aber nicht beirren und meinte, ich solle mir mal keine Gedanken machen,
er kenne Joe ganz gut und beliefere ihn oft genug mit Fisch, wenn er einen
guten Fang gemacht habe.
Nachdem ich das wusste, schaufelte
ich genüsslich die leckeren Sachen in mich hinein. Ich schmeckte auch alles
viel intensiver als vor meiner Krankheit. Cara meinte, das sei normal. Eine
schwere Krankheit verändere einen Menschen, und das gelte wohl ebenso für
Bären. So genoss ich mein Essen, das jeden Tag angerollt kam, sozusagen Essen
auf Rädern für Teddys. Fritz kam jeden Tag vorbei und fragte: „Na, wie hat es
dir heute geschmeckt?“ Mein Bruder hakte gleich nach und wollte wissen: „Und was hast Du genau geschmeckt?“ Er
schrieb immer brav auf, was ich ihm sagte, ob der Fisch gegrillt, geräuchert
oder gekocht wurde, welche Kräuter und Gewürze dabei waren. Eines Tages kam Joe
the Cook selbst vorbei und mein Bruder hat ihm seine Aufzeichnungen gezeigt. Da
hat er aber gestaunt, dass ich hinter seine Küchengeheimnisse gekommen war und
meinte: „Also Zottel, du bist ein echter Saumonlier“. Ein was, bitte, fragte
ich mich. Diese Köche müssen ja immer französisch sprechen. Nur mein Bruder
jubelte und kriegte sich gar nicht mehr ein: „Zottel, guck nicht so fragend. Was
ein Sommelier für Wein ist, bist du für Lachs. Und im Grunde auch für Honig,
also ein echter Mielier. Ich habe es schon immer geahnt, dass wir uns viel
ähnlicher sind als gedacht. Ich bin der Theoretiker, du bist der Praktiker in
Sachen Essen.“ Auch wenn ich seine Begeisterung nicht so recht teilen kann, bin ich doch froh, dass ich diese Begabung habe
und nicht er, dass ich der praktisch Veranlagte bin.