Freitag, 21. November 2014

Das hätte nicht passieren dürfen


Zottel und Heinrich - ein Herz und eine Seele, manchmal
Bücher, Zeitungen, Zeitschriften liegen hier einfach so herum. Da war es natürlich kein Wunder, dass sich mein Bruder Heinrich das aktuelle ZEIT-Magazin geschnappt hat. Doch das hätte nicht passieren dürfen. Es ging darin nämlich ums Brot, um das gute, das in hingebungsvoller Arbeit von den Bäckern noch von Hand gemacht und nicht industriell hergestellt wird.

Nun hat mein Bruder schon beim Frühstück sein Gourmet-Gesicht aufgesetzt und das Roggenbrötchen von allen Seiten argwöhnisch betrachtet. Es kam dann auch gleich die Frage, wo Cara es gekauft habe. Natürlich stammte es wie immer vom Kaufmann gegenüber. Heinrich sagte, das müsse man ändern, für den guten Geschmack und auch zur Unterstützung der Bäcker, die jeden Morgen um 2.00 Uhr aufstehen. Das solle Cara ihnen gefälligst hoch anrechnen, wo gerade sie morgens so schwer aus den Federn kommt. Um ehrlich zu sein, ich fand, dieses Frühstücksgespräch war nicht der optimale Einstieg in den Tag.

Doch damit nicht genug. Mein Bruder hatte in seinem Gourmet-Wahn sogleich eine fantastische Idee, wir sollten eine Brotverkostung machen. Das gäbe mal wieder einen fröhlichen Abend mit Caras Freundinnen. Viele unterschiedliche Brotsorten, von Lidl, vom Kaufmann, von Bäckereiketten und von den guten Bäckern, wo die Brötchen nicht vom Fließband kommen. Cara solle auch Brot aus der Bäckerei holen, wo sie ab und zu den Chefredakteur der ZEIT antrifft, denn der wisse bestimmt, was gut sei, wenn er solch ein Magazin herausgibt. Ein Tisch mit all den verschiedenen Sorten, das sei doch ein Traum, da könne man mal den Unterschied schmecken. 

Heinrich war nicht zu bremsen und Cara machte Dackelfalten, sagte aber erst mal nichts. „Und was gibt es Leckeres dazu?“, fragte ich. „Nichts, es ist eine reine Brot-Degustation“, bekam ich zur Antwort. Beim bloßen Gedanken daran klebte mir schon der Teig am Gaumen und Cara schluckte schwer. Ich konnte bereits jetzt das Wort Brot nicht mehr hören. Heinrich verstand es nicht, warum eine Brotverkostung nicht eine reine Angelegenheit sein könne. Schließlich sei Cara gestern zu einem Beaujolais-Nouveau-Abend eingeladen gewesen, wo es letztlich auch nur Wein gab. Doch da irrte mein Bruder. Es standen auch Brot, Käse und Pasteten auf dem Tisch. Dann sei das aber keine pure Verkostung des Produktes gewesen, beharrte er.

Mir wurde es langsam zu bunt. Muss man sich mal vorstellen, da sitzen dann alle um den Tisch und mampfen Brot, nichts als Brot, Brot und nochmals Brot. Da hat es mir gereicht: „Schluss jetzt, Heinrich, mit deinen skurrilen Ideen! Man lebt doch nicht vom Brot allein!“ Doch Heinrich muss immer das letzte Wort haben und meinte: „Caras Tante Hilde sagt aber oft: „Trocken Brot macht Wangen rot!““ Ich glaube, ich mag Tante Hilde nicht.