Gestern hatte Cara Besuch von ihrer
Freundin Biggie, auch die Shopping-Queen genannt. Ich mag Biggie gern, denn sie
ist immer guter Stimmung, vor allem da solch ein gemeinsamer Abend nie ohne mehrere Gläser Wein abgeht. So auch gestern. Cara hielt triumphierend und
gut gelaunt eine Flasche Rosé hoch und
meinte: „Rosé-Wein ist der neue Prosecco“. Mein Bruder schielte gleich um die
Ecke, um zu erspähen, was es denn zu essen gäbe. Cara hatte nur einen Salat
gemacht, Brot und Oliven hingestellt. Das war alles. Für meinen Bruder war das natürlich
unbefriedigend. Er versteht die Frauen nicht, die immer auf ihre Linie achten müssen oder
zumindest wollen.
Mich interessierte weniger, was
auf dem Tisch stand, sondern eher was am Tisch gesprochen wurde. Doch dummerweise
wurden gestern die Stimmen immer leiser und bald ging auch die Tür zu. Jeder weiß, solch eine Geheimniskrämerei
weckt Neugierde, jedenfalls bei mir. Also legte ich mein Ohr an die Küchentür.
Ich weiß, das macht man nicht, aber es war mir egal. Hätte ja sein können, dass
das Thema auch mich betraf. Kann man schließlich nicht wissen.
Biggie kann ihre Stimme ja nie
runtertunen, das liegt in ihrem Naturell. Also hatte ich Glück und konnte
einige Gesprächsfetzen erhaschen. Es ging um Männer, um Biggies Exfreund Mickey.
Wer so heißt, ist schon mal von vornherein eine lächerliche Figur, so was sollte eine Frau erkennen.
Wer will schon mit Mickey Mouse in Verbindung gebracht werden, so als Mann! Also
war ich nicht verwundert, dass eben dieser Mickey Biggie nach Strich und Faden belogen und betrogen hat. Die genaueren
Umstände konnte ich leider nicht erfahren, denn zwischen meinen Ohren (oh,
jetzt hätte ich gern die von Mickey gehabt!) und den Stimmen lag die dicke geschlossene
Küchentür. Ich hörte nur, wie Biggie zu Cara sagte: „Denk mal an deinen
Jean-Luc, diesen Vollpfosten. Mit dem hattest du auch das große Los gezogen und
hast ihm doch ewig hinterhergetrauert.“
Nun ja, an diesem Abend kamen die
Männer nicht gut weg, was ich ein bisschen ungerecht fand. Denn auch Frauen
sind keine Engel. Man denke nur an die Loreley, macht den Fischer verrückt mit
ihrem Gesang. Der spielt den Hans Guck-in-die-Luft und fährt rumms auf einen Felsen. Nirgends steht geschrieben, dass sie mit ihm
Mitleid hatte, oder?
Ein anderes Beispiel fällt mir aus
den Märchen ein, für die ich mich übrigens sehr interessiere, denn ich finde, sie
enthalten viel Wahrheit. Also, bitte mal an den Froschkönig denken! Die schöne verwöhnte
Königstochter hatte mit dem Frosch einen
mündlichen Vertrag geschlossen: Er bringt ihr die goldene Kugel – sie gibt ihm
einen Kuss und er darf auch in ihr Bettchen. Er hat sein Versprechen gehalten,
sie ihres nicht. Und wer Vereinbarungen nicht
erfüllt, wird bekanntlich bestraft.
Ich bin mir sicher, dass seitdem alle Frauen
für die Königstochter büßen müssen, da können sie machen, was sie wollen. Nur
leider haben sie das noch nicht gerafft. Sie hoffen immer noch, ein Frosch möge
ein schöner Prinz werden, wenn sie nur fest genug daran glauben. Leider funktioniert das in
den seltensten Fällen.
Öfters jedoch passiert es, dass sie einem vielversprechenden schönen Prinzen begegnen, der sich irgendwann aber doch als Frosch entpuppt. Und so spielen sie ein Leben lang das Quiz: Wer ist der wahre Froschkönig?
Wer ist der wahre Froschkönig? |
Öfters jedoch passiert es, dass sie einem vielversprechenden schönen Prinzen begegnen, der sich irgendwann aber doch als Frosch entpuppt. Und so spielen sie ein Leben lang das Quiz: Wer ist der wahre Froschkönig?
Übrigens, sollte ich mal den Rhein entlangschippern, dann, liebe Loreley, werde ich mir Watte in die Ohren stecken. Ich bin ja nicht blöd.