Dienstag, 10. Juni 2014

Spitzfindig sein und es gibt kein Problem


Ein Geschenk für dich oder für mich?
Am Samstag traf hier ein Paket für Cara ein. Das war dann mal ziemlich knapp, nur zwei Tage vor Heinrichs und  meinem Geburtstag.  Für mich stand fest, darin befand sich mein Geschenk. Allein das Format des Kartons war verräterisch, denn es passte genau ein Net-Book oder ein schönes Tablet hinein. Endlich hat Cara es kapiert. Zukünftig kann ich nach Herzenslust bloggen und fleißig an meinen Memoiren schreiben, so dachte ich. Doch dann sah mich Heinrich an, als ob ich sie nicht alle hätte, und sagte: „In dem Paket ist das Geschenk für mich. Das ist doch sonnenklar. Bei diesem Format liegt darin das Buch „Jerusalem“. Das konnte ich nicht glauben: „Heinrich, du interessierst dich doch gar nicht für Heilige Stätten! Für dich gibt es doch nur eines: Essen“- „Eben“, sagte er, „es ist ja auch ein sehr, sehr schönes Kochbuch. Du musst wissen, es wurde von einem Israeli und einem Palästinenser geschrieben, denn ein gutes Essen trägt zur Verständigung bei. Die beiden haben es eben geschnallt.“ Meine Güte, mein Bruder, solch ein Optimist! Nun, in zwei Tagen würden wir mehr wissen, sicherlich nicht, ob der Palästinenser-Konflikt auf diese Weise gelöst wurde, aber was das Paket enthielt.  

Abends kam Cara spät nach Hause. Den Karton hatten wir mitten auf ihren Schreibtisch gestellt, damit sie ihn bloß nicht übersieht. Wäre gar nicht nötig gewesen. Ihr Blick klebte gleich an dem Karton und sie sagte: „Ach, da ist es ja endlich, das gute Stück. Da habe ich schon wie verrückt drauf gewartet“. Ja, das hätte schiefgehen können. Dann hätte sie ohne Geschenk für uns dagestanden. Das wäre für sie sehr, sehr peinlich gewesen und wir hätten unsere Enttäuschung auch nicht verbergen wollen. 

Nun sollte man ja annehmen, sie hätte das Paket versteckt.  Nein, sie packte es vor unseren Augen aus und heraus kam ein Videorecorder! Spitzfindig wie sie ist, wollte sie uns das Ding schmackhaft machen. Da könnten wir Sendungen aufnehmen, ich könnte mich weiterbilden, Ideen sammeln für mein Blog, und Heinrich würde keine Kochsendung mehr verpassen. Das wäre doch eine feine Sache. Ich weiß, im Grunde will sie mich von ihrem PC wegdrängen. Doch nicht mit mir!

Da konnte ich es mir nicht länger verkneifen: „Cara, was denkst du, was dein so verehrter Dr. Manfred Spitzer dazu sagen würde? - "Ein Videorecorder ist ein Baustein für die digitale Demenz“, würde er dir ins Gesicht schleudern." Meine Leser müssen nämlich wissen, dass sie gern Bücher von Herrn Spitzer liest und auch oftmals seiner Meinung ist. Da darf ich dann mal ganz spitzfindig sein und sie mit ihren eigenen Waffen schlagen. Sie hörte mir aber überhaupt nicht zu, installierte unbeirrt weiter den Recorder. Ich gebe zu, ich machte mir Sorgen. Das sollte nun unser Geschenk sein? 

Gestern habe ich mich beim Aufwachen schon gar nicht mehr gefreut, dass ich Geburtstag habe. Und das war auch gut so, denn auf dem Tisch stand kein lecker duftender Kuchen für uns. Es war auch überflüssig, unter dem Tisch nachzusehen, unter den war  nur unser Geburtstag gefallen. Kein Vergleich zum letzten Jahr. Doch als Cara unsere enttäuschten Gesichter sah, meinte sie: “Nun guckt nicht so. Es gibt gar kein Problem, ich habe mir was für euch ausgedacht. Allerdings PC und Fernseher bleiben aus.“ Als ich das hörte, hatte ich so meine Bedenken, dass ihre Wahl auf etwas fiel, das u ns so gar nicht gefiel. Hoffentlich würde  es kein Besuch bei ihrem Guru Spitzer, der vielleicht in der Stadt einen Vortrag hielt.

Doch sie machte es spannend und verriet nichts, setzte uns in ihre riesige Tasche und los ging es. Ziel waren die Landungsbrücken. „Ah, eine Hafenrundfahrt bei schönem Wetter“, meinte mein Bruder. „Hoffentlich bekommen wir dort auch was Leckeres zu essen.“  Oh, er mit seinem Essen. Meine Laune segelte schon wieder Richtung Tiefpunkt. Doch plötzlich legte eine Barkasse mit der Aufschrift "König der Löwen" an. Ich konnte es nicht fassen. Wir fuhren zu diesem tollen Musical. Und was soll ich sagen, es war so beeindruckend, dass wir auf der Rückfahrt immer nur riefen: Hakuna matata! Falls jemand es nicht weiß, das bedeutet: Es gibt kein Problem! Und jetzt wollen wir noch mal hin und einen Blick hinter die Kulissen werfen. Das kriegen wir schon hin und ich weiß auch schon wie: Hakuna matata!