Donnerstag, 1. Mai 2014

Einmal Freiburg und zurück


Es war ein Fehler, so intensiv an meinen Memoiren zu schreiben. Cara hatte schon recht, als sie meinte: „Memoiren? Wer hat dir denn den Floh ins Ohr gesetzt?“. Und in der Tat, der Flow hatte mich fest im Griff und ich habe mich so gut wie gar nicht mehr um meinen Bruder gekümmert.  

Meine Leser erinnern sich vielleicht, dass Heinrich schon einmal spurlos verschwunden war. Da hatte er seinen großen Auftritt. Nun war das Ganze nicht so spektakulär, sieht man einmal davon ab, dass ich nicht bemerkt habe, dass er ein ganzes Wochenende weg war. Weg heißt, er war bei Jens. Nur zur Erinnerung, das ist der Junge, bei dem er früher gelebt hat und der nun kein kleiner Junge, sondern ein junger Mann ist und studiert. Erst wohnte er in München und nun in Freiburg. Manchmal hat Heinrich noch Sehnsucht nach Jens. Das passiert immer dann, wenn er nicht genug Beachtung findet, vor allem von mir nicht. 

Also hat er sich aufgemacht zu Jens Eltern und gefragt, ob sie ihn bei ihrer nächsten Fahrt zu Jens mitnehmen. Ganz klar, dazu hätte ich mich nicht herabgelassen. Wer mich einmal vor die Tür setzt,  bei dem klopfe ich doch nicht mehr an. Aber mein Bruder kennt da keinen Stolz. 

So sind sie alle gemeinsam zu Jens kutschiert. Der hat sich scheinbar gefreut, Heinrich wiederzusehen. „Ach, wie süß, da bringt ihr mir den ollen Heinrich mit“, hat er zu seinen Eltern gesagt. „Den ollen Heinrich“ hat er gesagt, nicht etwa „meinen lieben Heinrich“. Da wäre bei mir schon zappenduster gewesen. Doch damit nicht genug. Auf Jens Bett thronte inzwischen Konkurrenz.
Der Neue auf seinem Bett
 
Doch auch das hat meinen Bruder nicht aus der Fassung gebracht. Die beiden Bären fanden schnell ein Gespräch und schmiedeten einen Plan. Das Freiburger Bärle fühlte sich bei Jens nämlich nicht so wohl, wie es auf den ersten Blick schien. Er war ein Geschenk von dessen Freundin Corinna. Nur halbherzig und ihr zuliebe durfte er auf dem Bett sitzen. Kamen Jens Freunde zu Besuch, dann flog er in hohem Bogen in den Kleiderschrank. Auf jeden Fall hatte es nicht vieler Worte bedurft, bis Jens zustimmte, dass Bärle mit in den hohen Norden durfte. Keine geheime Aktion mit Verstecken in Heinrichs Rucksack, sondern ganz legal bei uns eingezogen. 

Als Cara das Freiburger Bärle sah, sagte sie erst mal nichts, was bei ihr eher selten vorkommt. Nachdem sie ihn kritisch beäugt hatte, kam nur: „Komisch, irgendwie hat er recht dicke Füße, aber ziemlich kurze Arme“. „Tja“, sagte da mein Bruder, „so wird er auch nur die in die Arme schließen, die ihm nahestehen.“
Heinrich verteidigt seinen neuen Freund
 
Dann wandte er sich ab und den Kochbüchern zu. Jetzt gibt es bei uns am Freitag immer Maultaschen statt Ravioli und der Parmaschinken musste dem Schwarzwälder weichen. Und zu unserer aller Belustigung wird nun Cara angelernt, Spätzle zu schaben.  

Eine gewisse Fürsorglichkeit, und nicht nur in kulinarischen Dingen, kann man meinem Bruder nicht absprechen.
Bäriges Triumvirat