In Caras Tasche unterwegs |
Gestern habe
ich mich mal wieder in Caras Tasche versteckt. Schließlich muss auch ich was
sehen vom Shopping-Paradies Eppendorf, denn da zog es sie hin. Und so
schlenderten wir von Schaufenster zu Schaufenster, Cara immer mit strahlenden
Augen, weil überall das Schild SALE zu sehen war.
In einem
Geschäft waren auch Weihnachtsartikel reduziert. Cara hat alles inspiziert,
während ich einen Bären bemerkte, den man nahe am Eingang
platziert hatte. Er saß auf einem Gartenstuhl und wartete, wie es schien. Doch
worauf? Also fragte ich: „He, sag mal, du sitzt da so allein, hat dich jemand
vergessen?“ Der Bär antwortete: „Ich bin ein echter Butler, war auch schon im
Dienste von Herrschaften, aber die haben mich wieder zurück gebracht, weil
deren Großsohn Friedrich seine Einwände gegen meine Anwesenheit so zu äußern
pflegte: „Der ist voll retro. Und außerdem bin ich aus dem Alter raus, das
dürftet ihr inzwischen gecheckt haben.“ Die Großeltern haben mich dann hier
abgegeben und nun hocke ich auf dem Stuhl bar meiner Aufgaben. Das ist eben,
was vom Leben übrig bleibt.“ Ich fragte ihn weiter: „Soll ich mich ein Weilchen
zu dir setzen?“ Der Bär antwortete: „Ganz wie Sie wünschen, Sir!“ Alter
Schwede, dachte ich bei mir, das ist ja eine gespreizte Sprache, und sagte zu
ihm: „Also, meine Freunde nennen mich Zottel.“ – „Oh, Zottel, welch ein aparter
Name, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf.“
Ich musste erst einmal tief
durchatmen und nachdenken, wie ich diesem Bären beibringen könnte, dass er mich
nicht Sir nennen soll und auch frei von der Leber weg erzählen darf. Ich
stellte mir gerade vor, wie er zu Cara Mylady sagte. Das durfte
keinesfalls passieren. Da setzt man Menschen schnell Flausen in den Kopf und
sie denken dann, sie seien etwas Besonderes. Ich fragte ihn: „Gefällt es dir
denn hier, in diesem Geschäft? Ist man nett zu dir?“ – „Nun ja, hier habe ich
eigentlich keinen festen Platz. Mal setzt man mich mal hier, mal dort hin. Ein
Zuhause wäre eine nicht zu verachtende Verbesserung, wenn ich das sagen darf.
„Du darfst das sagen, darum habe ich ja gefragt.“ Irgendwie reichte es mir mit
diesen devoten Floskeln.
Da gerade eine
Verkäuferin vorbei kam, fragte ich: „Wie hoch ist die Ablöse für diesen
freundlichen Bären?“ Sie rief zu ihrer Kollegin rüber: „Vanessa, was kostet der
hier?“, dabei hielt sie ihn hoch und schwenkte ihn, dass mir schon vom Zusehen
ganz schwindlig wurde. Die Antwort lautete: „Der Ludwig kostet € 24,99.“ Nun
kannte ich auch seinen Namen und dachte doch glatt: Ludwig, welch ein aparter
Name. Nur wie sollte ich Cara das Geld aus dem Ärmel leiern? Heimlich schaute
ich in ihr pralles Portemonnaie. Die Versuchung war groß, aber ich habe es nicht
getan. Ich habe sie nur flehentlich angesehen und gemeint: „Schau mal, dieser
elegante Bär, der hat eine Ausbildung als Butler. Wäre das nichts für dich? Der
bringt dir morgens dann den Tee ans Bett.“ Die Antwort fiel ziemlich rüde aus:
„Ja, das wäre ein Knaller, und das bereits einen Tag vor Silvester.“
Um ehrlich zu
sein, mir ging Ludwig nicht aus dem Kopf und ich war ein bisschen traurig,
dass Cara die schlappen € 24,99 nicht herausrücken wollte, um ihm ein Zuhause
zu geben. Aber morgen Abend wieder Champagner trinken, weil ein neues Jahr
beginnt, das mit vielen Erwartungen und Wünschen überfrachtet wird. Plötzlich
hatte ich eine Idee und sagte ganz beiläufig zu ihr: „Hast du die Fliege
gesehen, die von dem Bären?“ – „Ja, habe ich“, meinte sie kurz angebunden.
Ich merkte, ich war auf der richtigen Spur und sagte scheinbar beiläufig:
„Irgendwie hat mich das an deinen Opa erinnert, der trug auch immer Fliege.“
Sie antwortete: „Ja, Opa Ludwig hat sehr auf sein Äußeres geachtet. Das
stimmt. Und er war ein sehr lieber Opa, an den ich gern denke.“ Ich
setzte noch einen drauf: „Und er hat immer viel für dich getan und war auch
großzügig. Hast du mir jedenfalls erzählt.“ Dann legte ich eine kleine Pause
ein und fügte hinzu: „Wäre es da nicht schön, wenn man solch eine kleine
Erinnerung an Opa Ludwig zu Hause sitzen hätte?“
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Erst einmal
feiern wir aber ins Jahr 2016 hinein, noch ohne Ludwig. Doch wie heißt es so
schön: Neues Jahr – neues Glück! Und das wünsche ich von ganzem Herzen allen,
die hier lesen!!!