Freitag, 4. November 2016

Vorbereitungen für Martins Geburtstag


Wer ist Martin und wann hat er Geburtstag?
Mein Bruder Heinrich sagt zu mir oder er spricht es ganz allgemein in den Raum: „Martin hat bald Geburtstag.“ Ja, das haben wir alle, ein Mal im Jahr. Außerdem weiß ich gar nicht, wer Martin ist. 

Doch dann fällt es mir wieder ein. Cara kennt einen Martin. Er ist der Ehemann einer ihrer Freundinnen. Vielleicht hat der bald Geburtstag? Doch muss ich mir jetzt ein Geschenk ausdenken? Da verlasse ich mich auf meinen Bruder, der wird das schon machen, indem er ihm einen Kuchen backt, so rein theoretisch, indem er seine Kochbücher wälzt und ein Rezept aussucht. Backen muss den Kuchen dann Cara, sofern sie es gebacken kriegt. Das hängt nämlich vom Schwierigkeitsgrad ab. Wenn da Sahne oder Creme mit ihm Spiel ist und es eine Torte werden soll, dann sehe ich schwarz oder genauer, ich sehe ein Unglück nahen. Doch bei Martin haben wir Glück im Unglück. Er hat eine Laktoseintoleranz. Das bedeutet, dass sein Darm keine Sahne mag. Ich verzichte jetzt darauf zu erklären, wie sich diese Intoleranz äußert. Nicht schön.  

Ich bin aber sehr für fair Play und stecke meinem Bruder, dass Martin diese Unverträglichkeit hat. Seine Antwort: „Ach, dass du so was weißt?“ Ja, ich höre wohl nicht richtig! Ich höre doch zu und kann mir auch Dinge merken. Für wen hält er mich eigentlich, dieser fanatische Kochbuchblätterer!?

Meine Stimmung macht eine kleine Talfahrt und ich widme mich weiter dem Schreiben meiner Memoiren. Das erdet mich normalerweise. Heute ist es mit der Konzentration allerdings nicht so weit her. Und ich muss immer an den Geburtstag von Martin denken.  Also frage ich meinen Bruder. „Wann ist denn nun Martins Geburtstag?“ - „ Auf den Tag genau heute in einer Woche“, antwortet Heinrich, während er schon wieder vor dem Bücherregal steht und nach weiteren Backbüchern sucht. 
Heinrich und seine Kochbücher
Ich schreibe es nicht gern, aber bei ihm ist suchen stark an Sucht gekoppelt. Er sollte vielleicht eine Selbsthilfegruppe gründen, Die Anonymen Rezeptbuch-Leser. Ich weiß, wer im Glashaus sitzt, sollte sich bedeckt halten, oder wie immer auch das Sprichwort heißt. Bei mir gibt es kleine Suchttendenzen im Hinblick auf Honig und Schokolade. Ich bin aber sehr stolz, dass ich das selbst erkannt habe und auch hier freimütig und ohne Scham äußern kann.  

Doch wir waren ja bei Martin und dem bevorstehenden Geburtstag. Cara macht schon wieder Dackelfalten, was auf eine leicht angespannte Stimmungslage hindeutet. Sie hat nämlich für den nächsten Freitag ein paar Freunde eingeladen. Nun sollte man meinen, dass dieser Martin an der Reihe wäre, eine Einladung auszusprechen, aber es scheint mir, als solle die Feier hier steigen.  Cara steht vor ihrem Backofen und sagt: „Das klappt nie. Die  kriege ich da nie hinein, vor allem nicht zwei von dem Kaliber, und bei 10 Leuten müssen es zwei sein.“ Na, ich verstehe nur noch Bahnhof und gucke wohl auch so. Aber ich stehe ja gern mit Rat zur Seite und schlage darum vor: „Dann hol doch zwei Torten vom Bäcker. Du musst doch nicht alles alleine wuppen.“ - „Wie, vom Bäcker?“, fragt sie verdutzt. „Zum Martinstag gibt es Gans, wie die Tradition es will, und erst recht, weil er in diesem Jahr seinen 1.700 Geburtstag feiert.“ 

Jetzt bin ich baff. Ich habe schon von Menschen gehört, die über 100 wurden, aber 1.700 Jahre! Und um ehrlich zu sein, ich habe Martin noch vor kurzem gesehen. Für dieses Alter hat er sich verdammt gut gehalten. Da kann man ihm am Freitag gleich doppelt gratulieren.