Montag, 20. Juli 2015

Einsilbigkeit und harte Diskussionen


So-li-da-ri-tät hat viele Silben
Cara ist seit Neuestem einsilbig. Sie schreibt Texte, in denen nur Wörter mit einer Silbe vorkommen. Ich komme also in den Texten nicht vor, denn Zottel hat ja zwei Silben, Heinrich auch. Was das soll, habe ich nicht kapiert und deshalb gefragt. Cara meinte, das fördere die Kreativität und mache Spaß. Eine ihrer Facebook-Freundinnen schrieb daraufhin mit leicht abwertendem Unterton: „Das macht die BILD auch!“ Kannst mal sehen, die war auch schon infiziert. Denn wer sie kennt, weiß, sie ist eloquent. Vielleicht sollte ich es mal mit dem Reimen versuchen. War mir eben aber nur mal so aus dem Kopf auf die Tastatur gesprungen. 

Auch wenn Cara einsilbig schreibt, so wirkt sich das nicht auf ihren Wortschwall aus. Der ist wie eh und je gewaltig. Zudem haben wir jetzt jeden Abend Besuch und es wird viel diskutiert. „Cara lädt ein!“  könnte man dies betiteln. Die Frauen begrüßen sich mit kali spera und sie gehen wieder mit einem kali nichta.  Ihre Freudinnen, die nicht im Urlaub sind, kommen vorbei und essen und trinken mit uns. Manche bringen auch was mit. Doch vorbei die Zeit von Tapas, Antipasti und Sushi, immer gibt es griechische Kleinigkeiten, Mezze genannt: Pita, Feta, Oliven, Oktopussalat, Dolmades, Auberginencreme und sogar griechischen Wein. Das Ganze begleitet vom gleichnamigen Song von Udo Jürgens, der hier in Endlosschleife läuft, bis es einem von uns reicht und wir was anderes auflegen, aber keinen Sirtaki, sondern griechischenTango von Haris Alexiou. 

Mein Bruder wagte die naive Frage, was das eigentlich soll und auch die ewigen Diskussionen um Schuld und Schulden. Voller Empörung bekam er zur Antwort, ob er noch nichts vom drohenden Zerfall des Vereinten Europas gehört habe, vom Grexit, von den drakonischen Maßnahmen, die den Griechen drohen, den fehlenden Urlaubern, von der fehlenden medizinischen Versorgung mal ganz zu schweigen. Da wolle man sich schließlich solidarisch zeigen. Beim Zeus, Cara und ihre Freudinnen konnten sich ganz schön in Rage reden! 

Da hat Heinrich den Kopf eingezogen wie eine Schildkröte und sich hinter seine Kochbücher versteckt. Als er wieder hervor kam, sagte er: „Macht euch keine Sorgen, Mädels. Die Griechen, die schaffen das. Ihr wisst doch: Wenn euch das Leben Zitronen gibt, dann macht Limonade daraus. Und die Griechen haben seit jeher Zitronen. Und was machen sie daraus?! - Natürlich, viele leckere Gerichte." Und dann begann er aufzuzählen:  "Gefüllte Fischfilets mit Zitronensauce, Hähnchenflügel mit Zitronensaft und Knoblauch, Zitronenhähnchen, Hühnersuppe mit Ei und Zitronensauce …." "Ist ja gut, Heinrich!", rief Cara, schenkte noch eine Runde Ouzo aus und alle riefen mehr oder minder fröhlich: Jammas!