Zottel und Heinrich - ein Herz und eine Seele, manchmal |
Bücher, Zeitungen, Zeitschriften
liegen hier einfach so herum. Da war es natürlich kein Wunder, dass sich mein
Bruder Heinrich das aktuelle ZEIT-Magazin geschnappt hat. Doch das hätte nicht
passieren dürfen. Es ging darin nämlich ums Brot, um das gute, das in
hingebungsvoller Arbeit von den Bäckern noch von Hand gemacht und nicht industriell
hergestellt wird.
Nun hat mein Bruder schon beim
Frühstück sein Gourmet-Gesicht aufgesetzt und das Roggenbrötchen von allen
Seiten argwöhnisch betrachtet. Es kam dann auch gleich die Frage, wo Cara es
gekauft habe. Natürlich stammte es wie immer vom Kaufmann gegenüber. Heinrich
sagte, das müsse man ändern, für den guten Geschmack und auch zur Unterstützung
der Bäcker, die jeden Morgen um 2.00 Uhr aufstehen. Das solle Cara ihnen
gefälligst hoch anrechnen, wo gerade sie morgens so schwer aus den Federn
kommt. Um ehrlich zu sein, ich fand, dieses Frühstücksgespräch war nicht der
optimale Einstieg in den Tag.
Doch damit nicht genug. Mein
Bruder hatte in seinem Gourmet-Wahn sogleich eine fantastische Idee, wir
sollten eine Brotverkostung machen. Das gäbe mal wieder einen fröhlichen Abend
mit Caras Freundinnen. Viele unterschiedliche Brotsorten, von Lidl, vom
Kaufmann, von Bäckereiketten und von den guten Bäckern, wo die Brötchen nicht
vom Fließband kommen. Cara solle auch Brot aus der Bäckerei holen, wo sie ab
und zu den Chefredakteur der ZEIT antrifft, denn der wisse bestimmt, was gut
sei, wenn er solch ein Magazin herausgibt. Ein Tisch mit all den verschiedenen
Sorten, das sei doch ein Traum, da könne man mal den Unterschied schmecken.
Heinrich war nicht zu bremsen und
Cara machte Dackelfalten, sagte aber erst mal nichts. „Und was gibt es Leckeres
dazu?“, fragte ich. „Nichts, es ist eine reine Brot-Degustation“, bekam ich zur
Antwort. Beim bloßen Gedanken daran klebte mir schon der Teig am Gaumen und Cara schluckte schwer. Ich konnte
bereits jetzt das Wort Brot nicht mehr hören. Heinrich verstand es nicht, warum eine
Brotverkostung nicht eine reine Angelegenheit sein könne. Schließlich sei Cara
gestern zu einem Beaujolais-Nouveau-Abend eingeladen gewesen, wo es letztlich auch
nur Wein gab. Doch da irrte mein Bruder. Es standen auch Brot, Käse und Pasteten
auf dem Tisch. Dann sei das aber keine pure Verkostung des Produktes gewesen, beharrte
er.
Mir wurde es langsam zu bunt. Muss
man sich mal vorstellen, da sitzen dann alle um den Tisch und mampfen Brot,
nichts als Brot, Brot und nochmals Brot. Da hat es mir gereicht: „Schluss jetzt,
Heinrich, mit deinen skurrilen Ideen! Man lebt doch nicht vom Brot allein!“ Doch
Heinrich muss immer das letzte Wort haben und meinte: „Caras Tante Hilde sagt aber
oft: „Trocken Brot macht Wangen rot!““ Ich glaube, ich mag Tante Hilde nicht.