Mittwoch, 19. Februar 2014

Wir wissen alles über sie, unsere Menschen


Ich lese viel, auch Zeitung
Wer denkt, ich säße den ganzen Tag dösig in der Ecke, der irrt gewaltig. Ich lese, viel, manchmal auch Zeitung, aber nicht solche Blättchen, die Manfred Krug BLÖD-Zeitung nennt. Ja, alte Krimis gucke ich auch. Hätten meine Leser jetzt vielleicht nicht erwartet. Zottel ist eben immer für Überraschungen gut.

Doch zurück zum Thema Lesen. An diesem Wochenende war ich kurz bei den Nachbarn Silvie und Robert. Robert teilt mit mir nicht nur eine Pizza, wenn uns Silvie mal wieder Grünkohl vorsetzt, sondern auch seine Lieblingszeitung. Und so fiel mir sogleich dieser Artikel ins Auge. Stofftiere, und besonders Teddys, sind für Menschen wichtig, und das lebenslänglich. Ich habe das schon immer geahnt, aber erst wenn eine wissenschaftliche Untersuchung vorliegt, ein Fotograf dies durch Bilder belegt oder ein wortgewandter Journalist darüber schreibt, kann man das äußern, ohne gleich belächelt zu werden.

Wir sind Allrounder, wir trösten, begleiten, sind immer da, bringen Glück und nehmen den Menschen die Angst. Und auch sehr wichtig, wir sind beliebte Gesprächspartner, weil wir nicht widersprechen. Keine Widerworte zu haben bedeutet natürlich nicht, dass wir uns keine Meinung über die Handlungen unserer Menschen bilden. Ganz im Gegenteil, aber wir wissen eben, Reden ist Silber, Schweigen ist Gold und handeln danach. Da kann sich so mancher Homo sapiens eine Scheibe von abschneiden.

Wir sind duldsam, kommen auch mit Handicaps klar, nur noch ein Bein oder nur noch ein Auge, obwohl man doch weiß, mit einem zweiten sieht man besser. Und ganz schlimm, wenn das Fell immer weniger wird, weil man so oft aus inniger Liebe oder tiefer Verzweiflung begrabbelt wurde. Ja, auch abgewetztes Fell nehmen wir hin. Man stelle sich dagegen mal die Menschen vor. Was für ein Jammertal sie durchschreiten, wenn bei ihnen die Haare dünner werden oder gar ausfallen. Da wird in die Apotheke gerannt oder es gibt Hair-Extension oder gar teure Transplantationen. Verweichlicht eben. Wir dagegen bleiben tapfer und klagen nicht. 

Wir sind ihnen aber auch viel wert, und das drückt sich sogar in barer Münze aus. So war zu lesen, dass sich ein gewitzter Hedgefonds-Manager  eine Teddy-Sammlung zugelegt hat, weil er wohl schon ahnte, dass es für ihn mal einen Schwarzen Freitag im Leben geben könnte. Als dieser Freitag dann da war, wurde seine Sammlung versteigert und er erhielt viel Geld. Glück gehabt, könnte man denken. Aber ich will lieber nicht wissen, wie viele Tränen er geweint hat, als er sich von seinen flauschigen Freunden hat trennen müssen. Denn auch Banker haben ein Herz, manchmal jedenfalls. Wer so eng mit seinem Menschen zusammenlebt wie wir, der kennt auch ihre schwachen Momente. Uns kann man nicht hinters Licht führen, auch nicht durch cooles Auftreten mit gegelter Haarpracht und im Nadelstreifen-Dreiteiler, stets geschäftig das iPhone ans Ohr gepresst. Das kann Teddys nicht beeindrucken, denn wir wissen mehr.