Zottel und der Winterschlaf |
In diesem Jahr habe ich sehr,
sehr lange Winterschlaf gehalten. Um ehrlich zu sein, es kam mir gerade recht. Ich
wollte nur meine Ruhe haben. Zwischendurch habe ich zwar ab und zu die Augen
geöffnet, aber draußen sah ich nur den grauen Himmel und merkte, dass es kalt war. Warum
dann aufstehen und in wilden Aktionismus verfallen?
Nur das Freiburger Bärle fand die
Kälte und den Schnee nicht schlimm, im Gegenteil. Aber er ist ja auch ein
Eisbär.
Er strahlte und redete, während ich weiter schlafen wollte. Irgendwann hat
es mir gereicht und ich habe ihn angefaucht: „Halt die Klappe, ich will meine
Ruhe haben!“ Das ist sonst nicht meine Art, gleich so aggressiv zu reagieren,
und ich wusste nicht, warum mir das in letzter Zeit öfters passierte.
Als mich Cara nämlich zu Ostern weckte, damit
ich es nicht verpasste, war ich richtig hässlich zu meinem Bruder, als er voller
Begeisterung ausrief: „Oh, es ist bald Ostern, wie schön! Ich schaue gleich mal
in meinen Kochbüchern nach, was wir zum Fest Leckeres essen können.“ Da sind
die Pferde mit mir durchgegangen: „Du mit deinem Koch-Fimmel. Obsessiv ist das!
Wenn du überhaupt verstehst, was das bedeutet“, schob ich noch nach. Heinrich
guckte mich verdutzt und ein bisschen
traurig an und schwieg. Ich hatte ihn gekränkt.
Mein Bruder ist verstört |
Auch zu Pauli war ich nicht nett.
Er hatte es sich zur Aufgabe gemacht, Blumen zu dekorieren, denn auch das
gehört zu Ostern. Eigentlich müsste man ihn dafür loben, aber ich konnte nicht
anders und musste ihn anpampen: „Ach, glaube nur nicht, dass du was Besonderes
tust. Ich habe schon versucht, die Sprache der Pflanzen zu verstehen, da gab es
dich hier noch gar nicht. Werde dir klar darüber, du spielst in der zweiten
Liga, mein Lieber.“ Er war ziemlich zerknirscht. Das mit der zweiten Liga hätte
ich mir wirklich verkneifen sollen.
Pauli, die rote Laterne und die 2. Liga |
Cara hatte mitbekommen, dass es
hier ziemlich laut zuging und sagte mit ernster Miene: „Zottel komm doch mal bitte
zu mir.“ Also tapste ich – nichts Gutes ahnend – zu ihr in die Küche. Sie
schloss die Tür und ich dachte, nun wolle
sie mir die Leviten lesen, denn es war mir durchaus bewusst, dass ich zu den
anderen sehr hässliche Dinge gesagt hatte. Doch sie strich mir nur liebevoll über
mein zotteliges Haar. Das war neu. Sie streichelt sonst nur Hunden über den
Kopf. Dann schaute sie mir tief in die Augen und fragte, als ob sie Kreide gefressen
hätte: „Was ist wirklich los? Was ist dein Problem?“ Da sie noch nie so sanft
mit mir gesprochen hatte, rückte ich mit der Sprache raus. „Ich habe keine Lust
mehr zu bloggen. Auf der anderen Seite weiß ich aber auch nicht, was ich sonst
tun soll. Ich denke und denke und finde keine Lösung. Und es wird immer
schlimmer. Deshalb habe ich auch so lange Winterschlaf gehalten. Im Grunde war
ich gar nicht müde, nur traurig.“ – „Ach
ja“, seufzte Cara und stellte mir eine kleine Schüssel mit Honigbonbons hin,
während sie sich selbst einen Wein einschenkte. „Zottel, wir sitzen im selben
Boot. Ich bin auch nicht mehr zufrieden mit dem, was ich tue, und bin auf der
Suche nach irgendwas.“
Da war ich erstaunt und so erleichtert, dass ich vor
lauter Übermut fragte: „Auf der Suche nach irgendwas oder nach irgendwem?“
Dabei schaute ich sie an wie Tom Selleck in der Rolle als Magnum. Diesen zwinkerndenBlick habe ich nämlich drauf. Nur die Frage hätte ich mir besser verkneifen
sollen, denn nun kam wieder die alte aufbrausende Cara zum Vorschein. „Wenn ich
sage auf der Suche nach was, dann bedeutet das, dass ich eine neue Tätigkeit
suche, für die ich brenne. Das heißt nicht, dass ich auf der Suche nach Mr.
Right bin, denn den sucht man nicht – weder auf Tinder, noch auf Parship oder
beim Speed-Dating – sondern den findet man rein zufällig und dann sagt es Bäm!“
Dass es Bäm sagen muss, wusste
ich nicht, aber ich lerne gern dazu. Nur jetzt ließ ich Cara erst mal einen
großen Schluck Wein trinken, der zwar meiner Meinung nach bei weitem überschätzt wird, aber immerhin erhitzte Gemüter beruhigt.
Und das war jetzt nötig, damit unser schönes Gespräch wieder ruhig und sachlich
werden konnte. Nachdem sie ihr Glas geleert hatte, sagte ich zu ihr: „Cara, lass
uns doch gemeinsam danach suchen, wofür wir brennen. Das ist doch eine coole
Idee, oder?“ Sie wurde auch gleich wieder versöhnlich und lenkte strahlend ein:
„Ja, Zottel, das machen wir. Wir machen
uns gemeinsam auf die Suche. Doch eines solltest du auf jeden Fall vorher tun,
nämlich deinen Lesern sagen, warum du aufhörst zu bloggen. Schließlich haben
dich einige in ihr Herz geschlossen.“ – „Und viele haben mich gar nicht gelesen“,
ergänzte ich, denn das hatte mich schon etwas gekränkt. Doch Cara hatte Recht,
ich kann nicht einfach so verschwinden und muss meinen Lesern auf Wiedersehen
sagen.
Und das tue ich hiermit und danke
euch von ganzem Herzen für eure Treue. Ihr seid wunderbar und ich liebe euch. Sollte
ich eines Tages doch wieder Lust zum Bloggen bekommen, dann würde ich mich
freuen, wenn ihr hier wieder lest. Bis dahin mache ich mich mit Cara auf die
Suche nach irgendwas, für das wir brennen.
Mein Herz blinkt für euch |