Neulich habe ich großen Ärger mit
Cara bekommen. Unsere Nachbarin Sylvie hatte angekündigt, sie wolle an ihrem
Geburtstag ein Kaffeetrinken mit Freunden veranstalten. Aus lauter Vorfreude
auf leckeren Kuchen rutschte mir heraus: „Oh, wie toll, dürfen wir auch kommen?“ Wir durften. Doch anschließend bekam ich von Cara eine Standpauke,
so was frage man nicht, man lade sich nicht selbst ein. Dabei sagt sie immer:
Fragen kostet nichts. Doch das stimmt nicht, wie ich gleich darauf bemerkte. Denn nun
musste ich ein Geschenk besorgen und deshalb mein Sparschwein schlachten. Das
war aber nicht das Schlimmste, schließlich habe ich keinen Krebs in der Tasche.
Doch ich sollte in das Geschäft, wo sie mich von meinem ZwillingsbruderHeinrich getrennt haben.
Als ich mich dem Laden näherte, war
mir das Herz ganz schwer und meine Schritte wurden langsamer. Doch dann
erinnerte ich mich daran, dass sie mich eines Winters nach draußen gestellt
hatten wie einen Bären zweiter Klasse. Da bekam ich mit einem Mal eine Sauwut
und konnte gar nicht schnell genug den Laden betreten. Nun wusste ich von Cara,
dass ihr Lieblingsduschgel nicht mehr hergestellt wird. Das war die Chance, die
Verkäuferin genau danach zu fragen. Wie erwartet machte sie ein betrübtes Gesicht und
erklärte mir, was ich schon wusste. Da habe ich meinen Kopf schief gelegt, sie mit großen Augen ganz lieb angesehen und gebeten,
ob sie nicht doch mal im Lager nachsehen könne. Vielleicht, man kann es schließlich
nicht wissen, gibt es da noch irgendwo ganz versteckt dieses wunderbare
Duschgel. Die Verkäuferin seufzte und stöckelte ins Lager. Nach einiger Zeit
erschien sie wieder, strahlend und die rote Tube wie eine Trophäe schwenkend. Oh,
Mist, sie hatte das teure Zeugs noch gefunden. Schnell dachte ich wieder an die
eisigen Wintertage im Freien und die verächtlichen Blicke der Passanten und
sagte: „Ach, wissen Sie, ich habe es mir überlegt. Ich nehme doch lieber das
Duschgel, das damals der Firmengründer hergestellt hat. Da weiß man, was man
hat.“
Gestern nun sind wir mit dem
schön verpackten Geschenk zu Sylvie gegangen. Cara wollte schnell noch ihre
Arbeit fertig machen, denn sie lebt nach der Devise: Erst die Arbeit, dann das
Vergnügen. Ich sehe das ganz anders. Hat man schon mal ein bisschen Spaß gehabt,
flutscht es auch mit der Arbeit. Und das Ende vom Lied, wir kamen bei Sylvie
an, als schon die ersten Gäste gingen und das Kuchenangebot recht überschaubar
geworden war. Gerade noch rechtzeitig sah ich, wie ihr Mann Robert einen gierigen Blick auf das letzte Stück Käsetorte warf. Da fragte ich sofort: „Oh, Sylvie, die Käsetorte sieht ja lecker aus. Hast du die etwa selbst
gebacken?“ Ich wusste, das saß. Und schon hatte ich das dicke Stück Torte auf
meinem Teller, bevor Robert danach grapschen konnte. Die anderen waren ohnehin
nicht an Kuchen interessiert. Zotti als Adoptivbär des Hauses lebt wie eine Made
im Speck und war satt. Zottelinchen drehte
schon wieder Pirouetten zu den Ungarischen Tänzen von Brahms, die im
Hintergrund dudelten, und Cara arbeitet nicht nur am PC, sondern auch an
ihren Problemzonen. Also habe ich den Kuchen genossen. Hinterher hatte ich noch
ein klitzekleines bisschen Platz im Magen. Da die trockenen Teilchen, die da noch
herumlagen, nicht so mein Fall waren, startete ich einen neuen Versuch bei
Sylvie: „Sag mal, Sylvie, hättest du vielleicht so ganz zufällig im Kühlschrank
ein kleines bisschen von deiner leckeren roten Grütze?“ – „Ach Zottel, die
mache ich doch erst wieder im Juni, es ist doch im Moment noch keine Beerenzeit.
“ - „Nee, aber für die Bären wird es Zeit“, kam es von Cara wie aus der Pistole geschossen. Es war vielleicht
ein etwas abrupter Aufbruch, aber Robert hat dann schnell noch von uns Bären ein Erinnerungsfoto gemacht.